Dein Herz an Gottes Ohr

[106] Das Gebet der Braut: Liturgie

Die Welt läuft nicht ins Nichts, die Welt läuft ins Fest.

Das Fest hat begonnen. Es ist das Hochzeitsmahl des Lammes. Des Lammes, das geschlachtet ward. Das Lamm ist der Bräutigam. Er hat sich hingegeben. Er hat uns in sich hingegeben. Er hat uns sich zur Braut erworben. Und er wird kommen, die Braut heimzuholen, auf daß nur noch dieses eine sei: das große Fest.

Für dieses Fest sind wir erschaffen. Für dieses Fest ist die Welt erschaffen. Alles will lobsingen, und die Engel vollbringen den stummen Lobgesang der Schöpfung, das Sein der Geschöpfe ins jubelnde Dreimal Heilig.

Aber die Liturgie des Kosmos erreicht erst ihr Maß im Menschen. Er ist Staub, er ist Stoff. Aber in ihm sagt der Stoff: Gott. Und Gott sagt sich in ihm hinein in die Welt. Er ist Gottes Mund in der Welt, Gottes Hand in der Welt, die hegend und fügend das Mal seiner Liebe den Geschöpfen aufprägen soll.

Die kosmische Liturgie ist erschüttert, sie ist durcheinandergeraten. Denn nicht nur der Engel des Lichts wurde zum Satan, auch der Mensch wollte von sich her sein wie Gott, und so verlor nicht nur er, sondern auch die Welt den Klang des Festes und den Glanz der ungetrübten Ordnung.

[107] Daß der Mensch als Liturge, als Priester der Schöpfung erschaffen ist, dies aber konnte er nicht vergessen. Alle Kultur der Geschichte wuchs unter dem Zeichen des Kultes. Und auch durch die Wirrungen und Irrungen verkürzten und entstellten Gottesdienstes zieht sich der heimliche Gesang des Advent.

In Jesus hat Gott selbst inmitten der Welt die neue Hochzeit gestiftet. Der Bräutigam Jahwe, der sein Volk erwählt, er ist in ihm Mensch geworden. Und alle Untreue der Braut Menschheit hat er in seinem liebenden und durchbohrten Herzen verbrannt. Wir sind versöhnt. Das Opfer der Versöhnung und das Hochzeitsmahl des kommenden Reiches sind eins in der Eucharistie. Und jene, die der Einladung zum Hochzeitsmahl folgen, jene, die ihre Kleider waschen im Blute des Lammes, sie sind nicht nur die Gäste, sie sind die Braut. In ihnen bereitet sich die Braut Menschheit fürs Fest. Und diese Braut hat alle Stimmen der Völker, sie trägt im Herzen „Freude und Hoffnung, Trauer und Sorge der Menschen“ (vgl. GS 1). Aber die Stimme der Braut ist mehr als nur je die meine und die deine. Es ist die Stimme der erlösten Menschheit, die im Geist den Bräutigam ruft und mit den Worten des Bräutigams, mit der Liebe des Bräutigams diesen selbst herbeizieht in den Pilgerweg, den sie ihm entgegengeht.

Die Welt hat wieder eine Mitte, die Welt hat wieder einen Sinn. Denn ihre Liturgie lebt; der Bräutigam ruft die Braut, und die Braut ruft liebend im Geiste den Bräutigam.

Feiere Liturgie: Rufe mit der Stimme der Braut – leihe der Braut deine Stimme.