Dein Herz an Gottes Ohr
[113] Betet ohne Unterlaß
Wenn wir beten, sollen wir nicht viele Worte machen (vgl. Mt 6,7). Und doch gilt: „Betet ohne Unterlaß!“ (1 Thess 5,17).
Unser Beten braucht zugleich Gelassenheit und Inständigkeit. Unser Beten braucht jenes Vertrauen, welches nicht auf sich, sondern auf den Herrn baut, der die Herzen kennt, und zugleich jene Wachsamkeit, die das Herz nie aus der Hinwendung zum Herrn entläßt. Unser Beten braucht – und hier fallen die scheinbaren Gegensätze in eins – einfach die Liebe.
Ohne Unterlaß beten, das heißt: in Jesus Christus, im Sohn sein. Er ist immer hingewandt zum Vater, er empfängt sich immer von ihm und schenkt sich immer ihm. Je mehr wir unser Leben durchsichtig in das Ja des Sohnes zum Vater gründen, desto mehr wird unser Leben zum Gebet – und im selben Atem des Geistes zum weltzugewandten Tun des Willens Gottes.
Damit aber unser Leben wahrhaft Gebet sei, braucht es als Gebet, was alles Leben braucht: Zeit. Und diese Zeit geschieht im unvorhersehbaren Einmal der Stunde wie in der stillen Regelmäßigkeit des Rhythmus, der unseren Tag gliedert, unsere Woche sammelt, unser Jahr gestaltet.
[114] Und noch etwas braucht das Gebet, um Leben zu sein, braucht das Leben, um Gebet zu sein: die winzigen Augenblicke der Kontaktaufnahme, den Blickkontakt mit dem beständig nahen Freund Gott. Man nannte es früher das „Stoßgebet“. Ja, es braucht diesen Stoß durch das sich festziehende Netz der Wichtigkeiten und Nichtigkeiten, damit wir immer vom Ablauf zur Beziehung, von der Planung zur Begegnung, vom Es zum Du, von der Objektivität zum liebenden „Für“ hinüberwechseln.
„Blickt auf zu ihm, so wird euer Gesicht leuchten“ (Ps 34,6).