Dein Herz an Gottes Ohr
[128] Das Gitter
Vom heiligen Hermann Josef, dem Mönch von Steinfeld, erzählt man: Er betete als Kind in einer Kirche, und hinter dem Chorgitter sah er Maria und den Jesusknaben. Flugs stieg er über das Gitter, um in dieser heiligen Gesellschaft zu verweilen. Am liebsten wäre er dort geblieben, aber Maria wies ihn darauf hin, daß seine Zeit abgelaufen sei und er zu seinen Pflichten zurück müsse. So stieg er von neuem über das Gitter, doch er verletzte sich dabei, und die Wunde erinnerte ihn an die Stunde der himmlischen Seligkeit.
Beten heißt: zweimal über das Gitter steigen. Einmal um den zu finden, der unendlich größer ist als wir und im unzugänglichen Lichte wohnt. Das andere Mal, um den zu finden, der sich klein gemacht hat für uns, der bei uns im Alltag, im Nächsten wohnt. Solcher Überstieg kostet aber eine Wunde: wir müssen uns lassen. Doch in der Wunde finden wir wiederum Ihn, der sich verwunden ließ aus Liebe zum Vater, aus Liebe zu uns.