Und das Wort ist Kind geworden

[14] Ein Mehr an Liebe

Ein Gott, der in den ungezählten Gestalten seines Wirkens und seiner Macht aufgeht als der je Größere, Unfaßliche, aller Endlichkeit Entzogene – ist er nicht „mehr“ Gott als einer, der in der Unscheinbarkeit und Winzigkeit und der ärgerlichen Einzigkeit eines Kindes sich letztgültig und allgemein verbindlich und ein für allemal offenbaren und selber mitteilen will in diese Welt hinein? Der Gott über dem Himmel „mehr“, der Gott in der Krippe „weniger“?

Nach irdischem Kalkül, nach Maßstäben unseres abwägenden Verstandes ist das wohl so. Aber von Gott her ist es anders: Gott, der sich entäußert und weggibt bis zum Letzten und Kleinsten, er ist göttlicher Gott, ist „mehr“ Gott. Einfach deshalb, weil ein solcher Gott mehr Liebe ist, und Gott ist Liebe.1


  1. Weihnachtsbrief an die Ordensleute im Bistum Aachen, 1986. ↩︎