Wie als Priester heute leben?
[16] Nachtrag
Drei Fragen – zu den vielen anderen, die zwischen allen Zeilen dieser Überlegungen hängen – stellen sich schier notwendig ein, wenn man die zehn Sätze liest, die am Anfang der einzelnen Abschnitte dieser Überlegungen stehen. Wenigstens ein Hinweis für die Antwort soll noch gegeben werden.
Ist es gut, immer das Wort „wichtiger“ zu bemühen und damit Prioritäten zu setzen statt allenfalls Akzente? In der Tat, das ist problematisch. Es ist etwas wie ein Widerhaken, durch den die Überlegung hängenbleiben soll. Eine Provokation auch zum Widerspruch, der innerlich bedacht und ausgetragen werden soll. Dieses „Wichtiger“ gilt je in einer bestimmten Perspektive. Aber wer von einer Sache nicht die Ansicht aus einem bestimmten Blickwinkel im Gedächtnis trägt, dem droht die Ansicht des Ganzen, das er von allen Seiten kennt, zu verschwimmen. Es ist gut, von einem Kunstwerk einen Bildband zu besitzen, der es von allen nur erdenklichen Stellungen aus und in allen entgehenden Details gegenwärtig macht. Und doch ist es ebenfalls gut, daß ein solcher Bildband ein Titelbild hat, das sich einprägt und auf seine Weise das Ganze sagt. Die Kontur dieses zehnmaligen „Wichtiger“ ist gewollt, die Verengung dafür in Kauf genommen.
Sind da nicht sehr grundsätzliche und sehr pragmatische, durchaus geistliche und mehr nur pastorale Prioritäten bunt gemischt? In der Tat, es geht nicht um „reine“ Spiritualität, sondern um einige, doch wohl wichtige Gesichtspunkte, die zum einen Teil aus geistlichen Grundorientierungen pastorale Schlußfolgerungen nahelegen und zum andern Teil im Hinblick auf die Pastoral geistliches Umdenken erfordern. Weder kann Spiritualität Pastoral, noch Pastoral Spiritualität ersetzen. Aber so ist es mit dem Geist Jesu: Er lebt im Innern und drängt nach außen, er gestaltet das Außen aus dem Innern, teilt im Außen das Innen mit. Nun, dieser Rekurs auf den Geist will nicht mehr sein als ein Hinweis auf den Zusammenhang von „spirituell“ und „pastoral“, der sich in diesen zehn Sätzen spiegelt.
Wenn das wahr ist, was hier geschrieben steht: Genügt da der Appell an die Umkehr des einzelnen, oder müßte nicht auch im ganz Konkreten der pastoralen und personalen Planungen und Erwartungen der Bistümer etwas geschehen? Wie schon im Vorwort angedeutet, war dies durchaus im Blick der Bischöfe, als sie über die zehn dargelegten Sätze nachdachten. Aber auch hier wäre ein Entweder-Oder falsch. Daß Umkehr ernst gemeint ist, muß sich im Außen bewähren. Umkehr selber aber kann nur im Innern anfangen. Der doppelte Anfang, die doppelte Zielrichtung, darum geht es. Hier sollte ein Impuls zum anfänglichen Anfang, zum Anfang von innen gegeben werden. Nur wenn er gelingt, werden auch Mut, Phantasie und Bereitschaft für das wachsen, was sich durch Veränderungsmaßnahmen verändern lässt.