Und das Wort ist Kind geworden

[17] Nur Beiwerk?

Hirten und Tiere, Stern und Engel, Krippe und Stall – ist das nicht nur Beiwerk, lenkt es ab von der Mitte, könnten wir darauf verzichten?

Ich sage: Nein.

Ganz gewiß, wenn das alles wäre, dann wäre Weihnachten nicht Weihnachten. Aber Weihnachten ist mehr als ein Geschehen zwischen Gott und der Seele. Weihnachten, da geht es ums Ganze, und zu diesem Ganzen gehören Gott und der Mensch, gehören aber auch die Dinge, die Lebewesen, alles, was Gott geschaffen hat.

Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt – dies ist das Weihnachtsgeheimnis. Das Wort, das da Fleisch ward, ist jenes, in dem alles geschaffen wurde. Und dieses Wort wollte nicht nur über den Dingen bleiben, wollte nicht nur in ihnen sich spiegeln, es wollte Fleisch werden und mit den Dingen, mit dem Lebendigen, mit der Kreatur leben. Der Friede, den Gott mit dem Menschen schloß, ist Friede mit der Kreatur, und wie der Mensch neu wird an Weihnachten, weil Gottes Wort sein Menschenbruder wird, so wird auch die Schöpfung neu. Darum sagen Hir-[18] ten und Tiere, Stern und Engel damals in Bethlehem und heute in den Szenarien unserer Krippen etwas von dem Geheimnis der Menschwerdung selber aus.

Die Dinge bekommen an Weihnachten freilich einen besonderen Klang und eine besondere Farbe. Sie werden mit dem Kind in der Krippe selber kindhaft: Sie werden Spiel-sache und werden Geschenk.

Spiel-sache: Erst so nehmen wir die Dinge ernst, erst so sind sie, was sie von Gottes Liebe her sind. Diese Liebe spielt die Dinge einander zu, spielt sie uns zu und will uns die Phantasie und die Ehrfurcht, die Demut und die Unschuld, die Freundlichkeit und den Glanz des Spielens schenken. Solches Spielen hütet die Dinge, laugt sie nicht aus und braucht sie nicht auf, verbannt sie aber auch nicht in eine sterile und museale Unberührbarkeit. Verstehen wir die Dinge nicht besser, wenn sie uns Spiel-sache Gottes und wenn wir ihnen Kinder Gottes werden, in und mit dem Kind der Weihnacht?

Spiel-sache und, mehr noch, Geschenk. Das Wort ist Kind geworden, um sich uns schenken zu können, um uns dort, wo wir sind, Geschenk zu sein, um ganz für uns und mit uns dazusein. Wie können wir uns Hirten und Könige an der Krippe vorstellen ohne Geschenke? Wie können wir die Schöpfung uns vor dem Kind in der Krippe vorstellen, wenn nicht als Geschenk? Sich schen-[19] ken, das ist die neue weihnachtliche Art des Seins. Sich schenken, das ist die eine Armut und der eine Reichtum Gottes, des Menschen und der Kreaturen.

Spielzeug und Geschenk, nicht Beiwerk, sondern leise Offenbarung des Geheimnisses, das Liebe heißt.