Unser Lebensraum – der dreifaltige Gott

[19] Von der Liebe zu sprechen war faszinierend

Aber ich brauchte nur ein paar Stunden, um festzustellen, daß das nicht der Fall war. Vielmehr gewann ich bald den Eindruck, als ob mir in diesem großen, offenen Talkessel, in dieser herrlichen Landschaft und unter diesem offenen Himmel alles sagt: Gott ist Liebe. Das war nicht nur mein Gefühl, sondern alle sprachen von der Liebe. Und von der Liebe zu sprechen war faszinierend, überhaupt nicht kitschig. Bei aller Begeisterung fehlte der Ernst des Lebens nicht. Liebe war nicht nur ein Gebot, sondern in erster Linie Geschenk: Gott ist Liebe, Gott liebt dich unendlich. In diesem Geschenk war Gott selbst anders geworden, als ich ihn zuvor kannte.

Bisher hatte ich mir Gott meist vorgestellt als die Spitze des Weltbaus, als Fluchtpunkt aller Linien, als jenen Begriff, der selber gar nicht mehr als Begriff faßbar ist, weil wir stumm werden vor diesem Geheimnis. Hier aber, in Fiera, war dieses Geheimnis gewahrt, und doch war da mehr als bloß ein Geheimnis. Gott, der Vater ist, war erfahrbare Wirklichkeit. Wahrscheinlich hatte ich bis dahin noch nie in meinem Leben das Vaterunser so gebetet, die Anrede „Abba, Vater“ so verstanden wie jetzt. Mit einem Mal erschien mir die Welt als der unendliche, aber bergende Raum, in dem Gott uns Vater ist und wir uns ihm anvertrauen, alles in seine Hände geben, ihm bedingungslos folgen dürfen. Mir war klar, das ist eine schwindelerregende Herausforderung, aber mehr noch eine faszinierende Entdeckung.

Gott Vater war wie der weite Weltraum, nein, nicht Weltraum, sondern – als ob er noch den Weltraum selbst umfängt, so war dieser Raum, aus dem heraus dann – das ist das zweite – der vielfältige Klang „Gott ist Liebe“ sich immer und immer wieder in dem einen Namen sammelt: Jesus.