Das Wort für uns
[46] Pfingsten: Er im Vater, wir in ihm, er in uns
Oft sehen wir vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Das Leben wird immer verwirrender und komplizierter, und es fehlt uns an Orientierung. Doch nicht nur in den Alltagsbereichen, in Beruf und Wirtschaft, in Gesellschaft, Politik und Kultur ist das so; es droht auch so zu gehen mit unserem Christentum.
Gewiß, dieser Befund ist nicht erst von heute. Auch früher fühlte sich mancher in der Kirche verwirrt vom Nebeneinander so vieler Frömmigkeitsübungen, Andachten und Praktiken, zwischen denen zum eigentlich Wesentlichen hindurchzufinden gar nicht so leicht fiel. Heute betont man dieses Wesentliche. Man versucht, die unaufgebbaren Punkte herauszuschälen. Aber wiederum stehen vielerlei Angebote nebeneinander. Die einen deuten die Mitte des Christ- [47]lichen so, die anderen anders – was verbindlich und eindeutig das unaufgebbar Christliche ist, steht mehr und mehr zur Diskussion.
So ist es mehr als verständlich, daß man nach Kurzformeln des Glaubens ruft. Das Anliegen ist klar: Man möchte eine Konzentration, und man möchte diese Konzentration dergestalt, daß es zu einer neuen Nähe zwischen dem Ausdruck des Glaubens und dem Ausdruck unserer unmittelbaren, wirklichen Lebenserfahrung kommt. Freilich liegen auch die Gefahren auf der Hand: Kurzformeln dürfen keine Kurzschlußformeln werden. Sie dürfen nicht das, was unbequem ist, das was aufs erste nicht eingeht, herausstreichen und so das Meinen und Mögen des Augenblicks zum Maß der Wahrheit Gottes erheben.