Dein Herz an Gottes Ohr

[79] Landkarte des Betens

Beten ist Weg. Beten, das sind viele Wege und in ihnen allen der eine Weg. Er führt immer durch drei Punkte hindurch. Zeichne einen Kreis und füge in ihn ein Dreieck. Schreibe an die drei Berührungspunkte die Worte: Ich-Du-Wir. Ich – das bist du selbst. Du – das ist jener, zu dem alles Beten strebt. Wir – das sind deine Nächsten, jene, die mitbeten bzw. mit denen du mitbetest, aber auch jene, die nicht wissen oder die nicht interessiert, daß du betest.

Dann setze bei jedem der drei Punkte an und gehe der Kreislinie entlang durch die beiden anderen hindurch, bis du den Ausgangspunkt wieder erreichst. Du kannst bei jedem der drei Punkte beginnen: Manchmal bist du zuerst bei dir, getroffen, bestürzt, beschenkt; manchmal bist du ganz unmittelbar bei Ihm, rufst Ihn, hörst auf Ihn; manchmal bist du einfach da als einer inmitten anderer. Bei allen drei Punkten kann dein Gebet ansetzen – aber immer muß es weiter, muß es den ganzen Kreis ausschreiten, auf daß es „ganzes“ Gebet sei. Du kannst übrigens diese Kreisbahn in doppelter Richtung ziehen, mit dem Uhrzeiger, gegen den Uhrzeiger. Wichtig ist nur, daß du keinen Punkt ausläßt und am Ende wieder beim Anfang ankommst.

[80] Was in dieser „Landkarte“ des Betens alles an lebendiger Wegerfahrung bezeichnet ist, mußt du selbst erproben. Die Landkarte ist nicht die Landschaft in der Fülle ihrer Orte und Ausblicke. Mit dem Finger Wege auf der Landkarte nachzuziehen ersetzt nicht das Wandern mit Füßen, Augen und Herz. Und doch ist es gut, immer wieder auf die Landkarte zu sehen.

Auch im Falle des Betens. Denn Beten ist in seinen vielen Wegen ein Weg, der Weg, der Gott, mich selbst, die anderen zusammenbindet in dem, der von sich sagte: „Ich bin der Weg“ (Joh 14,6).