Dein Herz an Gottes Ohr
[86] Dank – die „neue Kausalität“
I
Es war für mich ein wichtiger Augenblick, um das Dankgebet zu verstehen, als in seiner Vorlesung über Meister Eckhart Bernhard Welte die Predigt des Meisters erklärte: „Intravit Jesus in quoddam castellum“. Mir ging auf, was Dank bedeutet: wiedergebären der Gabe, die uns zufällt aus unserem Innern.
Das bloß gebrauchte, bloß verstaute, bloß konsumierte Geschenk ist keines. Es geht unter in der Einsamkeit meiner mit mir, in mein Organisieren der eigenen Bedürfnisse und Wünsche. Die Herkunft wird überflüssig, aber mit der Herkunft im Grunde die Gabe selbst, sie ist nur noch Rohstoff, Material meines Interesses an mir. So aber wird die Welt zerstört, zum bloßen Fortsatz meiner individuellen oder kollektiven Bedürfnisbefriedigung.
Dinge, Ereignisse, Menschen sind nur sie selbst, wenn sie in der Zueignung an mich zugleich sie selber bleiben. Und sie bleiben gerade dann sie selber, wenn ich mich so von ihnen treffen lasse, daß mein Herz aufgeht und sie selber so noch einmal aufgehen – von mir her. Das aber ist der Dank: etwas aufgehen lassen von mir her, es zurückgehen lassen in das Herz dessen, der mich mit seiner Gabe betroffen hat, der selber so zur Gabe geworden ist, daß seine Gabe an mich und ich selber in ihr auch ihm zur Gabe [87] werde. In diesem Kreislauf von Gabe wächst Beziehung und wächst der vielfältige Eigenstand des Gebenden, des Empfangenden und des zugleich Gegebenen und im Dank Zurückgegebenen. Gegengabe wird nicht Anspruch und Tribut, vielmehr wird die in meiner Freude neu geborene Gabe selbst und werde so ich selbst zur gebenden Gabe – und das Mehr von Gegengaben wird nur Ausdruck, Eröffnung einer neuen Strophe desselben, fortlaufenden Geschehens.
Dankgebet ist so nicht Reglementierung der Artigkeit und Bravheit des Unmündigen, der auf die Freundlichkeit des anderen angewiesen ist. Im Danken wächst der angewiesene, der beschenkte Arme über seine Armseligkeit hinaus und wird sozusagen dem Geber Gott ebenbürtig: Er darf das ihm „Zugeschaffene“ und „Zugedachte“ mitschaffen und mitdenken, mitvollbringen zum Herzen Gottes hin.
Dann aber versteht sich, daß wir für alles danken können und zu danken haben. Was immer geschieht, geschieht vom Herzen Gottes her auf uns zu, auf unser Herz zu. Es in unserem Herzen wiederholen, in ihm den Ruf und die anrührende Hand Gottes entdecken – auch dann, wenn wir das Zugeschickte nicht durchschauen und verstehen, es in diese Beziehung hineinheben: das ist die Würde des Dankes.
Der Sohn dankt seinem Vater im Geist – und wir sind in diese Eucharistie als Empfangende und Mittuende einbezogen.
<sup class="text__reference">[88]</sup> II
Was geschieht im Dank? Ich binde etwas an jemand. Ein Es wird mir zum Sakrament des Du. Ich gebe ein Faktum frei aus der Fatalität meines Verfügens oder aus der Fatalität seiner Vorhandenheit in einen lebendigen, freien Zusammenhang. Danken – wie Bruder Franz – auch und zumal für das Dunkle heißt: es freigeben in den Zusammenhang mit der größeren, mit der größten Liebe, mit dem, der die Liebe ist. Dank ist die „neue Kausalität“.