Der Ort der Akademie in der Kirche
Akademie und Seelsorge
Die vorausgehenden Überlegungen umgrenzten grundsätzlich die Aufgaben einer Katholischen Akademie. Diese grundsätzliche Bestimmung gibt nun den Blick frei auf die praktische Funktion, die der Akademie innerhalb der Vielfalt der Organe katholischen Wirkens und Lebens zukommt.
Es ist vielleicht nützlich, zunächst festzustellen, was die Akademie dem Gesagten zufolge nicht ist; denn der etwas vieldeutige Name Akademie gibt zu mancherlei Missverständnissen Anlaß.
[308] Akademie ist keine Institution für Akademikerseelsorge. Denn einmal kann sich die Akademie nicht darauf beschränken, die Akademiker anzusprechen; die ihr aufgegebene Verbindung zwischen Kirche und modernem Leben heißt sie vielmehr die Partnerschaft aller suchen, die an der Problematik dieses Lebens, wo auch immer, praktischen Anteil tragen. Zum andern ist der unmittelbare Zweck der Akademiearbeit auch nicht die Seelsorge, sondern der genannte Dienst an der Kirche: ihr die lebendige Kenntnis der Zeit ermitteln zu helfen, der in ihr geforderten öffentlichen Meinung einen Raum zu schaffen. Dieser Dienst an der Kirche kommt allerdings auch, wie ausgeführt, der christlichen Weltorientierung und -verantwortung des einzelnen zugute. Freilich führt das Tun der Akademie darüber hinaus immer wieder bis zur eigentlich seelsorgerlichen Begegnung hin: mancher Abständige oder Außenstehende wird durch die Thematik der Akademie angezogen und erfährt hierbei auch einen Anstoß zum Leben mit und in der Kirche, dem er sich innerhalb der ordentlichen Seelsorge zögernder und schwerer öffnen würde.
Die Akademie betreibt also nicht unmittelbar und zunächst persönliche Seelsorge. Auch Schulung und Bildung ist nicht ihr Ziel. Schulung bedeutet ein systematisches Vertrautmachen mit an sich fertigen Ergebnissen, damit diese weiter vermittelt oder verwirklicht werden können. Die Akademie hat gerade dort einzusetzen, wo keine fertigen Ergebnisse vorliegen, sondern wo offene Fragen sich an die lebendige Gemeinsamkeit verantwortlicher Christen wenden. Als Bildung läßt sich jene Vermittlung von Wissen und kulturellen Gütern bezeichnen, durch die der Mensch in eine universale Sicht der Welt und all ihrer Seinsbezirke hineinwächst. Solchem dient freilich die Akademie. Aber es geht ihr naheliegender um den christlichen Vollzug hier und jetzt und um die Erhellung und Gestaltung gegenwärtiger Verhältnisse. Eine Tagung etwa über Grundzüge moderner Philosophie oder über naturwissenschaftliches und philosophisches Verständnis der Kausalität gehörten nicht zentral und eigentlich in das Programm einer Akademie. Wo in ihr scheinbar rein theoretische Themen behandelt werden, da ist zwar die saubere wissenschaftliche Klärung der Problemlage unbedingt erforderlich. Es geht dabei jedoch nicht um die Erkenntnis an sich, sondern um den konkreten Auftrag, den sie an den Christen heute stellt, oder um die Beurteilung gegenwärtiger Zustände in ihrem Licht. Daß viele, die zur Akademie kommen, darin Gewinn für ihr Wissen und ihre Bildung suchen, tut dem keinen Abtrag.
Inwiefern hat gleichwohl die Akademie einen unmittelbaren Bezug zur Arbeit der Seelsorge? Eine wichtige Seite wurde bereits erwähnt: der Kontakt mit solchen lauen Katholiken oder auch mit Nichtkatholiken, die sich auf Grund ihrer Hemmungen oder der Richtung ihrer Interessen von der Seelsorge in Pfarrei und Verbanden nicht leicht ansprechen lassen. Außerdem wird der religiös aktive Laie, dem durch die Erörterungen in der Akademie Probleme christlicher Weltverantwortung deutlich und brennend geworden sind, auch in seiner Pfarrei leichter als sehendes und bereites Glied seinen Mann stellen. Und da die im Raum der Akademie zur Diskussion gebrachten Fragen hineinspielen in das Wirkungsfeld des Seelsorgers, berührt es schließlich ihn selbst und seine Arbeit, zu welchen Ergebnissen die von berufenen Fachleuten geleiteten Gespräche hierüber führen. Wenn die Akademie die Leibhaftigkeit der Zeit mit in Erfahrung bringen möchte, in die das Wort der Kirche sich heute hinein- [309] zubilden hat, um wirklich leibhaftig in der Zeit zu stehen, so dürfte das nicht zuletzt auch für das Wort von Belang sein, das der Seelsorger im Kreise seines Wirkens seiner Gemeinde verkündet.
Es muß zum Schluß gesagt sein, daß die hier gemachten Ausführungen gewiß nicht das Bild dessen spiegeln, was unsere noch kleine und junge Freiburger Akademie leistet und ist. Es sollte vielmehr gezeigt werden, was ihr Wirken erstreben soll. Verständnis und Anteilnahme des Klerus der Erzdiözese an dieser Aufgabe aber werden ihr eine wertvolle und unentbehrliche Hilfe auf dem Weg vom Sollen zum Sein bedeuten.