Einleitung zum Dokument: Der priesterliche Dienst

Amtliche Vollmacht*

Eine weitere Frage, die von den synodalen Aussagen her beantwortet werden kann, betrifft die „Vollmacht“ des Priesters. Kann es in der Kirche eine andere Vollmacht als die Vollmacht Christi und kann es überhaupt noch „Vollmacht“ in ihr geben, wo Jesus Christus sich selbst entäußert und zum Knecht aller gemacht hat? Der Text der Bischofssynode weist auf die Unzerreißbarkeit von Vollmacht und Dienst in der Sendung Jesu hin; sie ist im Wesen von Sendung als solcher bereits grundgelegt. Sendung geschieht in der Hoheit dessen, der sendet; und der Gesandte macht ihr, ja ihm in sich Platz.

Bei Jesus erreicht diese „Identität“ und „Differenz“ ihr einmaliges, absolutes Maß: Er ist der Sohn, in dem der Vater selbst lebt und sein Werk tut, und Jesu gehorsame Selbstentäußerung ist so zugleich hingebende Tat des Vaters, der seinen Sohn verschenkt für das Leben der Welt. Der Synodentext spricht „vom zweifachen Aspekt“ der „Sendung Christi: dem der Autorität und des Dienstes“ (13). Seine Hoheit und Vollmacht offenbart sich im hingebenden Dienst, und seine Erniedrigung ist der Ort seiner Erhöhung durch den Vater.

Mit diesem „Christusereignis“ kommuniziert die Kirche durch den priesterlichen Dienst; aus dem Christusereignis entspringt seine Sendung, die communio der Kirche mit und in Christus lebendig zu erhalten. So ist auch priesterlicher Dienst communio mit der Vollmacht Christi und mit seiner Niedrigkeit. Er ist „nichts“ an sich selbst und für sich selbst, so aber gerade die „Mächtigkeit“ des in ihm wirkenden, des ihn in seine missio nehmenden Christus. Daß Er es ist, der in der missio des Priesters communio wirkt, ist „Wesen“ priesterlicher Vollmacht. Sie tritt am deutlichsten darin hervor, daß dem Priester allein der Vorsitz bei der Eucharistiefeier und die sakramentale Sündenvergebung zusteht (vgl. 12,5 und 7). „Die Autorität gehört dem amtlichen Diener nicht zu eigen: in ihr wird [24] die Vollmacht (exousia) des Herrn sichtbar, in dessen Auftrag der Priester im endzeitlichen Versöhnungswerk als Abgesandter amtet (2 Kor 5,18–20)“ (13).

Das Wort „eschatologisch“ gibt in diesem Zusammenhang einen wichtigen Hinweis. Christus hat ein für allemal sein Werk der Versöhnung getan. Wir stehen in der durch ihn eröffneten Fülle der Zeit, in der Zeit der Versöhnung. Diese Zeit muß sich aber in der Vorläufigkeit und Verschattung der geschichtlichen Zeit durchsetzen. Das unmittelbar in Christus bereits Gegebene bedarf daher der Vermittlung. Die „Vermittlung“ ist Stätte der „Unmittelbarkeit“ des Vermittelten; an sich selbst aber ist sie Armut. Von daher aber ist das vollmächtige Handeln des Priesters, das den Herrn und seine Liebe in seinem Wort und Sakrament an uns verschenkt, in der Tat das unverfügbare Handeln des Herrn selbst. Sofern der Priester freilich seinerseits diesen Dienst zu „leisten“ hat, ist er bare Überforderung. Er kann sich zu dem, was er tut, nur verhalten wie Johannes der Täufer zum Herrn, wie Maria, die als das Schweigen das Wort, als der Hintergrund das Licht, als die Leere die Fülle zu gebären hatte (vgl. 19.4).