Caritas – eine theologische Reflexion zwischen Konzil und Synode

Aus der Liebe verstehen

Woher klärt sich indessen, daß Liebe so und nicht anders zu verstehen sei?

Eine behutsame Analyse der neutestamentlichen Zeugnisse und ihrer Entfaltung in der Geschichte weist uns zwar deutlich den Weg in die angezeigte Richtung; seine eigentliche Stringenz erhält dieses Verständnis jedoch erst aus dem Vollzug der Liebe, der sich als Antwort der Liebe Gottes verdankt. Liebe kann nur aus Liebe verstanden werden. Jede Erkenntnis hat ihre spezifischen Sehbedingungen. Gottes Offenbarung ist Offenbarung seiner Liebe, die als Liebe nur dort aufgeht, wo der Mensch sich mit der unerhörten Gleichzeitigkeit Gottes beschenken läßt und darin sich selbst in die Gleichzeitigkeit mit Gott frei hineingibt. Christliches Verstehen der Offenbarung, aber auch der Welt hat so die Liebe zu ihrem hermeneutischen Prinzip. Dies ist gerade heute von besonderer auch methodischer Bedeutung für die Theologie, da im Zeitalter der Ideologiekritik die Rückbesinnung auf die „Vorurteile“ jeglicher Erkenntnis uns aufgegeben ist. Das Vorurteil des Christlichen aber ist Gottes Vorurteil für den Menschen und die Welt, es ist eben seine Liebe.

An drei Beispielen sei skizzenhaft dargetan, wie aus der Liebe christliches Verstehen der Wirklichkeit geschehen könne und müsse.