Die Bedeutung von Erfahrung für die Religionspädagogik

Auszuschließende Verhältnisbestimmungen von Erfahrung und Offenbarungsglauben*

Ich meine, daß es einen Methodenmonismus innerhalb der Religionspädagogik nicht geben kann. Denn es ist unmöglich, von der Offenbarung als einer fixen, in sich stehenden, von Erfahrung chemisch rein gehaltenen Größe auszugehen, um von ihr her die Linien auszuziehen auf unsere Erfahrung als ebenso in sich stehend. Darin ist eingeschlossen, daß es genau so unmöglich ist, unsere Erfahrung, die gemachte oder zu machende, als ein Fatum zu betrachten, als etwas, das nun einmal so ist, wie es ist, um von da aus zur Religion, zur Offenbarung vorzustoßen.

Beide Ansätze, der Ansatz allein bei der Offenbarung oder allein bei der Erfahrung, würden dem Anspruch der Offenbarung und dem Anspruch der Erfahrung nicht gerecht. Religionspädagogik, die bloß logische Deduktion und Aufbereitung von Offenbarungsinhalten wäre, | ohne an die Erfahrung des Menschen zu appellieren und an ihr anzuknüpfen |, verfehlt ihren pädagogischen und theologischen Sinn. Ihren Sinn verfehlt aber auch Religionspädagogik, die wähnt, Auslegung, Hermeneutik der Erfahrung führe von selbst zum Glauben oder Glaube, Offenbarung erschöpfe sich in bloßer Erfahrungs- und Daseinshermeneutik. Erfahrungen lassen sich nicht zwingend herstellen, und aus Erfahrungen läßt sich nicht zwingend und automatisch Glaube herstellen. Umgekehrt läßt sich aus Offenbarung nicht zwingend Erfahrung herstellen.

[343] Freilich: es gibt gar kein Zeugnis von Offenbarung, in dem nicht bereits menschliche Erfahrung als Medium ihrer Vermittlung innewäre. Offenbarung ist von sich her Anknüpfung an | menschlicher | Erfahrung; und umgekehrt gibt es keine Erfahrung, die nicht schon eine Deutung, nicht schon ein Verständnis in sich trüge, das mehr ist als bloßes Erfahrungsmaterial.

Es wäre also einerseits naiv, zu glauben, mit einer bloßen geschickten Manipulation von Erfahrung, mit einer perfekten Methodik, die Erfahrung vermittelt, könne die Erschließung des Glaubens, die Erschließung der Offenbarung geleistet werden. Und es wäre gleichermaßen naiv, zu meinen, ein bloß objektives, vom Bezug zu unserer gegenwärtigen Erfahrung absehendes Angebot von Offenbarungsinhalten könne Erschließung und Vermittlung des Glaubens sein. – Die Motive, die zu letzterer Praxis führen, können durchaus verschieden sein: eine abstrakt und absolut gesetzte dialektische Theologie oder, ganz im Gegenteil, ein Rückzug auf bloß objektivistische Information, die neben anderen Curiosa auch Versteinerungen religiösen Inhaltes zum besten gibt.

Alle genannten Möglichkeiten bedeuten religionspädagogische Engführungen, weil sie das wesenhafte Ineinandersein von Glaube und Erfahrung einerseits und die je neu notwendige Synthese von Glaube und Erfahrung andererseits übersehen.