Was fängt die Jugend mit der Kirche an? Was fängt die Kirche mit der Jugend an?
Biblische Orientierung*
Der letzte Vers des Alten Testamentes spricht vom wiederkommenden Elija: „Er wird das Herz der Väter wieder den Söhnen zuwenden und das Herz der [307] Söhne ihren Vätern, damit ich nicht kommen und das Land dem Untergang weihen muß“ (Mal 3,24). Es gibt eine alttestamentliche und eine neutestamentliche Bezugsstelle für diesen Text (Sir 48,10; Lk 1,17), und beide Male wird nur die eine Richtung aus der Doppelaussage aufgegriffen: „Das Herz der Väter wieder den Kindern zuwenden.“ Das endgültige Gottesheil braucht einen Wegbereiter – Elija, in seiner Kraft Johannes der Täufer (vgl. Lk 1,17; Mt 17,10–13).
Gott handelt an einer bestimmten Stelle der Geschichte. Was er da tut, ist aber nicht nur bedeutsam für den Augenblick. Es ist Verheißung auf Zukunft hin und Bestätigung schon erfolgter Verheißung. Gottes kommendes Heil bahnt sich eine Straße durch die Geschichte, und nur wer glaubt, wird es nicht als Gericht, sondern als das erfahren, was es sein will: Heil. Dann aber wird die Weitergabe der Kunde vom Heilshandeln, dann wird die Fortsetzung der Glaubensgeschichte mit Gott in die je kommende Generation hinein selber zum Vollzug des Glaubens. Ein Israelit, dem die kommende Generation gleichgültig wäre, dem es nicht darum ginge, den Glauben an Jahwe und sein Wirken im Volk zu überliefern, der schnitte sozusagen seine eigene Geschichte ab, und mehr noch: er schnitte in die Heilsgeschichte Gottes selber hinein, die Geschichte von Geschlecht zu Geschlecht aufs endgültige Heil hin ist. Das ist also die Aufgabe des großen Heilsboten (Elija, Johannes): den Konnex zwischen den Generationen, den Fortgang der Glaubensgeschichte in der Lebensgeschichte des Volkes zu gewährleisten.
Es liegt in der Logik dieses Ansatzes, von Jesus her Johannes den Täufer in der Elijarolle zu lesen. Bleibt die Frage, ob mit Johannes diese Berufung des Elija als abgeschlossen zu gelten habe oder ob sie, verwandelt, weitergehe. Nicht nur die Abschnitte in den Haustafeln des Epheserbriefs und Kolosserbriefs (Eph 6,1–4; Kol 3,20f.) weisen auf die bleibende Bedeutung des Maleachiwortes hin. Zur christlichen Communio gehört die der Geschlechter im Haus und in der Gemeinde hinzu. Aber solche Communio ist mehr als nur ein Aspekt unter vielen. Wir dürfen uns auf den Missionsbefehl Jesu stützen. Er ist nicht nur synchron, sondern auch diachron zu verstehen, er richtet sich nicht nur darauf, jene, die jetzt leben, zu Jüngern zu machen, sondern er zielt auf Überlieferung, auf Weitergehen der Heilsbotschaft von Geschlecht zu Geschlecht. Der Tauf- und Missionsbefehl und die Verheißung, daß der Herr alle Tage bis zum Ende der Welt bei den Jüngern bleibt, hängen zusammen (Mt 28,18–20). Sicher ist Heilsgeschichte von Jesus Christus her nicht mehr in jenem ausschließlichen oder doch primären Sinn wie bei Israel Volksgeschichte. Daß aber in Jesus Christus das Heil endgültig für alle gekommen ist, macht die Dynamik der Überlieferung nur noch dringlicher. Und diese Überlieferung beschränkt sich nicht aufs Predigen, auf die Weitergabe des depositum fidei, so zentral diese ist. Die Botschaft ist Botschaft jener geschehenen Liebe, jener im Herrn eröffneten Communio, die als Communio, als Liebe, als Einssein [308] weitergeht und Zeugniskraft gewinnt (vgl. Joh 13,34f. und 17,21–23). Dann aber gelten die über das Verhältnis zur je kommenden Generation alttestamentlich erhobenen Ansprüche und Maßstäbe im Kontext des Neuen Testamentes nur um so radikaler. Nur in der Zuwendung zu den Söhnen bewähren und beglaubigen die Väter ihren Glauben. Jugendpastoral im umfassenden Sinn von Communio und Missio ist dann also nicht nur eine Sparte der speziellen Pastoral, sondern ein Grundvollzug des Glaubens sowohl des einzelnen als auch der Kirche.