Volk Gottes auf dem Weg

Bildung des Glaubens

Ein Zug, der im Grunde immer zur Kirche als Gemeinschaft des Glaubens gehört, drängt heute so stark in den Vordergrund, daß er noch eigens zur Sprache kommen muß: die Kirche von heute und wohl noch mehr die Kirche von morgen bedarf der Bildung des Glaubens in allen ihren Gliedern.

Die Gründe hierfür liegen nicht nur in der Eigenart unserer Gesellschaft, sie liegen auch im Glauben selbst. Daß sie im Glauben selbst liegen, wird allerdings durch die gesellschaftlichen Umstände besonders deutlich.

Unsere Gesellschaft ist mehr denn je auf Information und Bildung angewiesen. In der Arbeitswelt nehmen bloß manuelle und mechanische Dienste deutlich ab zugunsten planenden, steuernden, organisierenden Tuns. Es gibt immer weniger Tätigkeiten, die keinen geistigen Einsatz verlangen. Was in der Arbeit sich abzeichnet, gilt ebenso für die anderen Lebensbereiche: Werbung und Marktinformation haben eine unumgängliche, beinahe allgegenwärtige Vermittlerrolle im wirtschaftlichen Leben; jeder ist auf sie angewiesen und ihnen aus­gesetzt. Unmittelbare Versorgung mit dem Notwendigen und Erwünschten, nicht durch informative Vorgänge vermittelter Weg zwischen Produktion und Konsum werden immer seltener. Entsprechendes gilt für Freizeit, Kultur, Familie. Immer und überall ist bei fast jedem einzelnen die ganze Welt anwesend, sie strahlt und schallt hinein in seine intimsten Bezirke durch die mannifachen Kanäle der Informations- und Kommunikationsmittel.

[16] Gerade dieses Leben im Angesicht der ganzen Welt rückt auch Themen und Fragen des Glaubens in einer Fülle an jedermann heran, wie sie gestern noch unvorstellbar gewesen wäre. Diese Themen und Fragen des Glaubens haben in ihrem Angebot weithin den Charak­ter der „Ware“, des in jeglicher Schattierung, Nuancierung, Angebotenen und Aufgemachten. Eine geschützte Eingrenzung auf die Bahnen der Kommunikation innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft gibt es nicht, sowohl jedes Problem der Theologie als auch jede These zu jedem Problem sind auf dem allgemeinen, jedem zugänglichen Markt; was am eingängigsten wirbt und wirkt, haftet am tiefsten im Unterbewußtsein, rückt sich am nächsten heran an das Zentrum der eigenen Entscheidung, die oft genug so denselben psychologischen Gesetzen unterworfen ist wie der Einkauf im Warenhaus.