Bischof Klaus Hemmerle – ein Maler

^[37] Wenige wußten zu Lebzeiten von Bischof Dr. Klaus Hemmerle davon, daß er zeichnete und malte. Ein Jahr nach seinem Tod am 23.1.1994 wurde eine Ausstellung von ca. 40 seiner Zeichnungen und Aquarelle zusammengestellt, die in einigen Regionen des Bistums Aachen gezeigt wurden. Das Interesse an diesen Ausstellungen war unerwartet hoch.

Er war ein leidenschaftlicher Maler, wenn auch – im besten Sinne des Wortes – ein Amateur. Dieser Leidenschaft hat er allerdings nur in seiner Freizeit, das heißt auf Reisen und bei Urlaubsaufenthalten, Raum gegeben. In seiner asketischen Einstellung war er der Meinung, seine amtliche Zeit dürfe er für dieses Vergnügen nicht mißbrauchen. Um so intensiver hat er seine freie Zeit genutzt, um eine Fülle von Blättern zu zeichnen, vor allem aber zu malen. Meistens merkt man ihnen die Eile an, mit der er sie gemacht hat, wohl weniger, um ein bestimmtes Quantum zu erreichen, als vielmehr, um nur keinen Einfall zu vergessen oder weil er schon die nächste Variante im Kopf hatte, als er die eine noch aufzeichnete, so wie man es von der Kompositionsweise Mozarts weiß. Wer seine freie Rede kannte, in der er für den gleichen Gegenstand mehrfach abgewandelte Formulierungen fand, um zu präzisieren oder auch auf die Komplexität des Gegenstandes aufmerksam zu machen, findet diese Leidenschaft in seine Malerei übertragen. Es ist beim Malen wie beim Denken – Erkenntnis wird nicht durch einmaliges Hinsehen oder Hinhören gewonnen, sondern durch die Beobachtung von vielen Standpunkten aus und unter Berücksichtigung verschiedener Zeitpunkte.

Zwei bisher unveröffentlichte Aquarelle von Bischof Hemmerle seien ausgewählt, um seine Seh- und Malweise zu betrachten.

Beide Blätter sind, wie fast alle, unsigniert und undatiert. Das erste ist vermutlich Anfang der 80er Jahre, das zweite Blatt höchstwahrscheinlich 1988 entstanden. Beide haben die Meeresbucht vor der Stadt Alghero im Nordwesten Sardiniens zum Gegenstand, wenngleich von unterschiedlichen Standpunkten aus. Beim ersten blickt man über die Stadtsilhouette weg, beim zweiten rückt das Stadtpanorama in den Hintergrund. Für die vom Autor nicht untertitelten Bilder schlage ich die Titel „Küstenlandschaft bei Alghero, ^[38] Sardinien“ für das erste und für das zweite „Blick auf die Stadt Alghero, Sardinien“ hilfsweise vor.