Gott und das Denken nach Schellings Spätphilosophie
Das Denken
Von einer Untersuchung der Spätphilosophie Schellings auf das hin, was sie zum Thema „Gott und das Denken“ sagt und erträgt, erwartet man wohl drei Auskünfte:
- Wie versteht Schellings Spätphilosophie das Denken?
- Gewährt in ihr das Denken einen Zugang zu Gott, und wenn ja, auf welche Weise?
- Wie versteht sie Gott, welches ist ihr Begriff oder Bild Gottes?
Daß diese Auskünfte am Schluß des Ganges unseres Mitdenkens nicht gesondert gegeben sind und nicht in fertigen Thesen auf der Hand liegen, rührt einmal von der Weise her, wie Schelling selbst denkt. Sein Gedanke weiß sehr wohl, worauf er hinauswill, seine Antwort auf die genannten Fragen ist nicht in sich undeutlich, aber er ist ein viele Momente durchlaufender Vollzug, der seine Thesen und Auskünfte nicht vor, neben oder nach sich setzt, sondern sie von seinem eigenen Gang her und in diesen hinein erbringt.
Zum andern liegt die genannte Verschlungenheit des Ergebnisses in den Weg der Untersuchung an der Weise dieser Untersuchung selbst. Sie wurde als Mitdenken, als „Gespräch“ mit Schellings Denken angesetzt und entwickelte ihre Methode aus der Struktur solchen Mitdenkens und Gespräches. Das bedeutet ein doppeltes: es bedeutet zunächst, daß die Weise des mitgedachten Gedankens sich dem mitdenkenden Gedanken auferlegt und in ihm widerscheint; es bedeutet sodann, daß die Untersuchung an ihrem Ende gerade nicht fertig ist, sondern den Anstoß zu weiterem Mitdenken und gesprächshaft seinem Partner verbundenem Weiterdenken über sich hinaus übrigläßt. Ein Gespräch ist eben nie „fertig“, nur wenn es nicht fertig ist, hat es, in der Ordnung des Gespräches, ein „Ergebnis“
[295] So wird das im folgenden den genannten Fragen entlang zu Sagende weniger ein Schlußwort als eine Zwischenbesinnung sein, der aus der Distanz des Rückblicks einige Grundzüge des mitgedachten Gedankens deutlicher auffallen, dem mit- und weiterdenkenden Gedanken zum Geleit.