Dienst aus dem Glauben – Dienst in der Kirche

Das Paradox theologischer Antwort

Gibt es in der Tat keinen Ausweg? Von sich her ist der Mensch: nichts. Aber er ist. Wenn der Mensch weiß, daß er, von sich her, nichts ist, dann gewinnt er eine ungeheuerliche Freiheit: er hat nichts zu verlieren, aber er hat alles zu empfangen. Er ist grenzenlose Offenheit, die sich nicht auf dies oder jenes fixiert, sondern hinaushält. Er ist so groß und so weit wie Gott, aber er ist nicht Gott, sondern Raum für Gott. Daß er dieser Raum für Gott ist, ja daß er überhaupt ist, das ist ihm aber geschenkt; wer sich dahinein freigibt, es anzunehmen, es mit seinem Dasein zu „sagen“: ich bin aus mir selber nichts, der hat in einem Atemzug seine eigene Armseligkeit und das Geschenk der göttlichen Fülle bekannt, er ist – und danach sehnt sich doch der Mensch – „einfach“ geworden, einfach ohne die verkehrende Vereinfachung der Flucht. Beschenktsein und sein Beschenktsein weiterschenken, das ist die Bewegung menschlichen Daseins, in welcher die Wahrheit des Menschen, seine innere Einheit mit sich, ohne Verkürzung der Endlichkeit oder Unendlichkeit, zum Vorschein kommt. Das ist kein abstraktes Experiment der Philosophie, das ist die konkrete Gestalt des erlösten Menschen, es ist die Urform des Menschen, der Raum sein durfte für Gott, der Gott weiterschenken durfte, und dieser Mensch heißt Maria. Sie hatte von sich aus nichts, war nichts; sie hat alles empfangen; sie hat alles weitergegeben. Und in allem dem tat sie nicht vielerlei, sondern sie war einfach da. In ihr wird sichtbar, daß das selbstherrliche Seinwollen des Menschen wie Gott ein Mißverständnis ist: Mißverständnis nicht zuerst des Menschen, sondern Gottes. Gott selbst ist nicht jener, der sich in sich selber schließt, der sich nur selber hat; seine totale Einfachheit, seine Ruhe in sich selbst, seine Identität mit sich selbst ist agape, ist sich verschenkende, sich dem Nichts gönnende Liebe. Und gerade der Mensch, der es annimmt, nichts zu sein und sich darin beschenken zu lassen, wird diesem Gott „gleich“. Nicht daß der Mensch in Gott hinein aufgelöst würde, der Mensch bleibt der andere, der Partner. Aber sein Dasein wird hineingerissen in die Bewegung Gottes selbst, in die Bewegung des Sich-Verschenkens, er gewinnt Anteil am Wesen Gottes, das Liebe ist. Der Mensch bringt Gott, liebt Gott – nicht aus Anmaßung, sondern gerade weil er beschenkte Leere ist. Glaube heißt sich verdanken, sich beschenken lassen; in seiner Konsequenz aber heißt solcher Glaube alsdann: sich verschenken, Gott verschenken, sich senden lassen. Nur aus solcher Sendung, in der von Gott beschenkte Menschen Gott weiterschenkten, sind wir zum Glauben gekommen, sind wir hineingenommen in das Leben des Gottes, der die Liebe ist. Hier wird der Grund von Kirche, hier die Verbindung zwischen Glaube und Kirche sichtbar.