Denken der Grenze – Grenze des Denkens

Denken der Grenze – Grenze des Denkens

[9] Bernhard Welte hat Gewichtiges zum Wechselverhältnis von Theologie und Philosophie ausdrücklich gesagt. Aber nicht weniger gewichtig für dieses Thema ist sein Denken selbst, sein Denken im ganzen, auch dort, wo es, vordergründig angeschaut, andere Gegenstände behandelt. Sein Denken selbst, das Vorgehen seines Gedankens und der Vorgang des ihn denkendes Denkens in die Sprache, das hat eine eigentümliche Konsistenz, und wenngleich diese Charakterisierung keineswegs ausreicht, es scheint berechtigt zu sein, zu sagen: Bernhard Weltes Denken, das ist seine Phänomenologie.

Es wäre nun reizvoll, das Besondere dieser Phänomenologie anderen Typen von Phänomenologie gegenüber herauszuarbeiten. Hier soll etwas Bescheideneres versucht werden. Ansatz unserer Besinnung soll ein exemplarischer Text Bernhard Weltes sein, der im Wintersemester 1957/58 im Rahmen des Dies Universitatis gehaltene und im Buch „Auf der Spur des Ewigen“ nachgedruckte Vortrag: „Die Grenze als göttliches Geheimnis“.1 Vermutlich gibt es wenige Texte, in denen so einfach und doch so perspektivenreich, so knapp und doch so tief, so in sich verdichtet und zugleich über sich hinausweisend Weiltes Gedanke im ganzen anschaubar wird.

Nach einer Vergegenwärtigung des in diesem zentralen Text Gesagten soll die Frage gestellt werden: Wie kommt man auf einen solchen Gedanken, wie kommt man dazu, ihn so zu sagen? Der Versuch einer Antwort auf diese Frage soll erläutern, was das heißen soll: Bernhard Weltes Phänomenologie.

Ein weiterer Hinblick auf den so in seine innere Genese hin gelesenen Text möchte den Charakter dieser Phänomenologie als eines sich in sich selbst transzendierenden Denkens erhellen, und in einem letzten Schritt soll das darin zum Thema Wechselverhältnis Philosophie und Theologie Implizierte eröffnet werden.


  1. Vgl. Welte, Bernhard: Die Grenze als göttliches Geheimnis, in: ders., Auf der Spur des Ewigen,. Philosophische Abhandlungen über verschiedene Gegenstände der Religion und der Theologie, Freiburg i. Br. 1965, 62–73. ↩︎