Das christliche Credo – Maßstab für ein entwicklungspolitisches Handeln

Der eine Geist in vielen Zungen, der eine Geist in vielen Gaben

Von Jesus Christus als dem Haupt des Ganzen, von Jesus Christus als dem fleischgewordenen Logos, der inkarnierten Uridentität aller Schöpfung sprechend, haben wir bereits von Pfingsten, haben wir bereits vom Heiligen Geist gesprochen. Denn nur im Geist Jesu, in dem Geist, der ihn vom Vater her erfüllt, der in ihm die Fülle des Vaters wohnen läßt und den er uns weitergibt, wird der aufgedeckte Zusammenhang offenbar, lebbar und fruchtbar.

Kirche ist der Leib des Herrn, der vom einen Geist zusammengehalten und belebt wird. Und dieser Geist – dies ist eines der zentralen Bilder des Apostels Paulus (vgl. 1 Kor 12; Rom 12; Eph 4) – wirkt die Einheit des Leibes durch die Vielheit der Funktionen, der Gaben, der Dienste, die den verschiedenen Gliedern gegeben sind. Der Geist selber ist Gabe, und so geht er nur dort auf, wo jemand sein Eigenes nicht „hat“ und „festhält“, sondern verdankt und weiterschenkt. Leben von der Gabe des anderen und das Eigene als Gabe ins Ganze einbringen, dies ist der Lebensrhythmus des Geistes, in welchem sich das Verhältnis zwischen Vater und Sohn im einen Geist, den sie einander schenken, widerspiegelt und einholt.

Es geht nicht an, geradlinig das, was vom Geist in der Kirche gesagt ist, auf die Symbiose der Menschheit als Menschheit zu übertragen. Und doch ist der Kirche die Lebensart Gottes, die [18] Lebensart des Schenkens und Beschenktwerdens, des Aufbaus der Einheit aus Empfangen und Geben, somit also die Lebensart des dreifaltigen Gottes gerade deshalb eingestiftet, damit hier ein Modell und vorausweisendes Zeichen aufgerichtet werde für Welt und Menschheit. Alles das, was vom Unterschied und Zusammenhang zwischen Geistlich und Weltlich skizziert wurde, muß hier in Anschlag gebracht werden. Wird es aber in Anschlag gebracht, dann ergibt sich in der Tat ein bedeutsamer Hinweis auf die Struktur, wie allein Kommunikation auf menschheitlicher Ebene gelingen kann. Aufteilung in Naturschutzparks in sich geschlossener Eigeninteressen oder aber Unterjochung unter ein ideologisches oder auch funktionalistisches Diktat, welches die einzelnen Menschentümer und ihre Kulturen entfremdet, das ist keine Lösung, das hat keine Zukunft. Einheit und Vielfalt, Einheit und Freiheit, Wahrung des Eigenen in einem gleichwohl alle zueinander führenden Raum von Kommunikation, das geht nur in jener Wechselseitigkeit des anderen und Einbringen des Eigenen, nur in jenem Rhythmus, den uns die vielen Charismen, also die zum Weitergeben gegebenen Gaben des einen Geistes, intonieren.

Wo wir uns in diesen Rhythmus einschwingen, da kann in unserer Epoche – dies ist mehr als bloß ein Traum – jener „weltweite Mensch“ wachsen, der durchaus seine eigene Färbung, seine eigene Herkunft und Kultur wahrt, aber sie nicht nur von sich selber her, sondern gerade von den anderen her kennt und versteht und somit die Reichtümer, aber auch die Note und [19] Probleme der anderen als seine eigene Sache in sich trägt. Dies ist kein weltweiter Einheitsmensch, sondern der Mensch einer weltweiten Einheit, wahrhaft ein Mensch des Geistes, den Gott gibt, und jener Communio, die dieser Geist einstiftet.