Franz von Baaders philosophischer Gedanke der Schöpfung

Der Ort der Aussagbarkeit

Die Vermittlung des Grundes durch Idee und Natur schließt diese selbst als unmittelbar erste Bestimmungen ein. Der Schritt der Ursache zum Grund bleibt indessen nicht nur gedanklich der Urschritt: Idee und Natur lassen sich selbst je nur „fassend“ aussagen; auch der Sache nach sind sie nur Vor-Anwesenheit des als Grund sodann entschieden anwesenden Zieles.

Wie gibt sich nun die Unmittelbarkeit der Idee und wie die der Natur dem denkenden Hinblick zu fassen? Sofern jegliches Fassen bereits Bezüglichkeit vollzieht, bleibt die erste, unmittelbare Anwesenheit der Idee in sich unsagbar; als „bloße“ Offenheit, als die noch unaufgehobene Aufhebung der Vielheit in die lautere Einheit ist sie für sich selbst ein „Nichts“, das „Nichts der Indifferenz“. Freilich ist auch die Unmittelbarkeit der Natur, die Bezüglichkeit ohne ihr erfüllendes Woraufhin, an sich selbst ein Nichts, das „Nichts“ der „höchsten Differenz“: Sucht steht nicht in sich, sondern im Gesuchten, zu dem sie als Sucht gerade in Differenz steht1. Erst durch die wechselseitige Bezüglichkeit von Bezüglichkeit und Woraufhin des Bezugs schließen sich beide, Natur und Idee, zum faßbaren Etwas zusammen. Damit aber ist eine je anders geartete Priorität von Idee und Natur ausgesagt: Sucht hat als solche schon jeden Hinblick aufs Gesuchte bei sich, steht im „Range“ nach und unter diesem, weshalb die Findung des Grundes an die Subjektion der Natur unter die Idee geknüpft ist2. Gleichwohl geht in der Ordnung des Geschehens die Sucht dem Gesuchten vorauf, nicht nur weil die Sucht dieses erst findet, sondern zuvor: weil es nur der Sucht als suchenswert und so überhaupt erst als „etwas“ erscheint.

In der Unmittelbarkeit der Idee ist diese sich selbst „Nichts“ von der „reinen“ Abwesenheit des ihre Fülle ergreifenden Bezuges her, in der Unmittelbarkeit der Natur ist diese wiederum sich „Nichts“ von der dia- [91] lektischen Abwesenheit der gesuchten, so aber gerade doch anwesenden Fülle her. Deshalb gibt sich die Unmittelbarkeit der Idee, die „Dissemination“, als erste und bloße Offenheit nur von der Unmittelbarkeit der Natur, von der „Konzentration“ bzw. von deren Aufhebung her zu sehen.

Baader versteht entsprechend die „Konzentration als Aktion“ und die „Dissemination als Reaktion“ – „indem hier die erste die zweite sich hervorruft und aus nichts sich selbe zu etwas macht“3.


  1. „…sodaß jedes, abstrakt oder außer der Konkretheit genommen Nichts ist“ (III 324). – Siehe Begr 10 II 102. ↩︎

  2. Vgl. FC 3,3 II 244. ↩︎

  3. SpD 5,2 IX 174. ↩︎