Volk Gottes auf dem Weg
Der „Unterschied“christlicher Liebe
Doch eben dies ist das Unterscheidende: unsere Liebe weiß sich als Antwort, als armselige, vorläufige, immer tiefer und immer neu zu gebende Antwort auf den, der uns zuerst geliebt hat (vgl. 1 Joh 4,10). Weil unsere Liebe Antwort ist, kann sie sich nie erschöpfen, darf sie nie am Ende sein. Denn die Liebe dessen, der den neuen und ewigen Bund in der Hingabe seines Sohnes mit der Menschheit geschlossen und die Kirche zur Zeugin dieses Bundes in die Welt gestellt hat, ist unüberholbar, ohne Reue und ohne Ende. Und das eben ist die entscheidende Sendung der Kirche: seine Liebe zu bezeugen, glaubhaft zu machen (vgl. Joh 13,34). Liebe aber kann nur durch Liebe glaubhaft gemacht werden, seine Liebe nur durch seine Liebe. Die unsere aber ist immer kleiner; das aber ist gerade seine Liebe, daß er sich der unseren erbarmt und sie zum Zeichen erwählt für die seine. Wenn es gelingt, daß man unserer Liebe die seine glaubt, dann liegt es an ihm, nicht an uns. Die Kirche kann nichts aus sich, am wenigsten das, worauf es am meisten ankommt. Doch, wie Charles de Foucauld einmal gesagt hat, Jesus ist der Meister des Unmöglichen. Was am kühnsten und „vermessensten“ zu erhoffen ist, das ist nicht, daß Gottes Reich am Ende kommt, sondern daß es jetzt schon leben kann in seiner Kirche.
Das erste an der christlichen Liebe ist also, daß sie an die Liebe glaubt. „Wir haben geglaubt an die Liebe“ (1 Joh 4,16), dies ist die [26] intensivste Kurzformel des christlichen Credo, dies ist zugleich die Wurzel und der Hintergrund dessen, was in der Kirche und in den Christen als Liebe lebt.