Weite des Denkens im Glauben – Weite des Glaubens im Denken

Die Anderen als Partner und Mitdenkende in der einen Welt*

Zum Abschluß die siebte Stufe: Ich erinnere mich sehr lebhaft, wie Bernhard Welte von seiner ersten Flugreise zurückkehrte. Er sagte: „Ich wollte nicht fliegen. Ich hatte den Eindruck, ich versündige mich gegen die Götter. Es widerstrebt mir, daß ich von der Erde an einem Punkt starte und ohne Übergang an einem anderen ankomme. Ich muß die Veränderung der Landschaft, der Kulturkreise, der ‚Götter‘ mitmachen; ich kann nicht irgendwo ein- und an einem anderen Ort wieder aussteigen. Das ist doch [239] ungeschichtlich, eine Versuchung zur Unendlichkeit, während ich doch endlich bin. Das ist ein Vergehen. Aber ich habe es dennoch gewagt, mich über meine Vorbehalte hinweggesetzt.“ Warum hat er das getan? Es kamen Studenten aus Lateinamerika, später auch aus dem Vorderen Orient, dem Libanon und aus anderen Ländern dieser Welt, und er merkte, daß diese Menschen nicht nur Gedanken bei ihm lernen und hören wollten, sondern daß sie auch eine neue Chance suchten, ihre „Götter“ mitzubringen und sprechend werden zu lassen für die Botschaft vom einen und gemeinsamen Gott, der nicht konstruiert ist, sondern der aus der Erfahrung des Anderen er-hört wird und der beschenkt mit der Erfahrung des Anderen.

Bernhard Welte hat um des einen Gottes willen sich zu den anderen Göttern hinbegeben, damit im Gespräch der Götter, der logoi spermatikoi, die eine Sprache, die weltweite und neue Sprache, wachsen kann. Der für mich letzte Schritt von Bernhard Welte ist nicht jener, der in der Feinheit des Gedankens, der Frömmigkeit oder sogar des eigenen Sterbens steckenbleibt, sondern der hinführt zu dem Anderen, der Partner und Mitdenkender in dieser einen Welt ist. Das ist der entscheidende Schritt; und wir können Bernhard Welte nicht ehren, indem wir nur seine „Jagdtrophäen“ sammeln, sondern wir müssen seine Gedanken sammeln als unser Reisegepäck in die unabsehbare Reise weg von uns und doch ganz mit uns selbst in eine neue und eine Welt.