Vorspiel zur Theologie

Die beiden Grundrichtungen menschlichen Vollzugs

Die Grundspiele sind Grundspiele, weil sie nicht nur das Menschsein an sich, sondern auch unseren Alltag, alle unsere Vollzüge bestimmen. Ihren Ort haben sie in den vielen Interessen, die uns bewegen, und in den vielen Spielen, die aus ihnen erwachsen.

Schwenken wir unser Objektiv, um es auf den Menschen zu richten in seinem alltäglichen Tun und Lassen. Wie begegnet er da als Akteur in den mannigfachen Spielen – im Essen etwa und im Schlafen, im Wandern und Arbeiten, im Beten und Nachdenken, in der Freizeit und der Politik, im Verkehr und in der Familie? So Unterschiedliches tut und erfährt er, daß wir in Not kommen, etwas zu erkennen wie einen Grundrhythmus, der sich in allem durchhält und ihn als diesen einen, der er ist, prägt und wahrt. Bei behutsamerem Zusehen entdecken wir, es gibt einen solchen Rhythmus. Denn es gibt zwei Grundbewegungen, die in allem Tun sich je anders wie-[99]derholen. Wir können sie bezeichnen durch die beiden Worte Interpretieren und Gestalten. Dieser Einstieg erfordert freilich zunächst wiederum eine fundamentale, allgemeine Zugangsbetrachtung.

Nur wenn ich weiß, was ich anfange, fange ich wirklich etwas an – nur wenn ich etwas anfange, gibt sich mir etwas zu wissen. Die Gegenprobe: Wenn ich schlechterdings nicht wußte, was ich anfing, dann war es eigentlich gar nicht ich, der dies tat; wenn ich schlechterdings nicht weiß, was ich anfangen soll, dann fange ich nichts an. Und weiter: Wenn ich nicht auf eine Sache zugehe, mich ihr nicht öffne, zeigt sie sich mir nicht, geht sie mir nicht auf – das gilt selbst von dem, was ich nur weiß, weil es sich gewaltsam mir aufdrängt; denn darin bestehen doch Zwang und Gewalt, daß ich nicht umhin kann, mich selbst dem zu öffnen, mit dem fertigzuwerden. Ich muß also etwas anfangen, um etwas zu wissen zu bekommen, und ich muß wissen, was ich anfange, um anzufangen. Wieso nennen wir dieses Zuwissenbekommen Interpretieren, wieso dieses Anfangen Gestalten?

a) Interpretieren

Mein Vollzug, mein Tun hat immer einen Bezugspunkt. Auf ihn hin orientiere ich mich, ihn visiere ich an. Auch wenn ich scheinbar ziellos herumlaufe, bin ich entweder auf der Suche nach einem Ziel oder auf der Flucht vor einem Ziel, oder das Ziellose selbst ist mein Ziel. Mein Anfangen hat ein Etwas, das ihm vorschwebt, vorleuchtet. Was mir vorleuchtet, schaut mich an, ist etwas für mich, ist in meinem Blickfeld. Aber ich nehme es wahr, ich beziehe es auf mich, ich trete in einen bestimmten [100] Blickwinkel zu ihm. Das aber heißt: ich interpretiere es. Interpretieren meint, vom Ziel, von der Sache aus auf mich zugehen, das Ziel, die Sache an mich nehmen, sie mir, meinem Interesse assimilieren so daß ich etwas mit ihnen anfangen kann bzw. indem ich etwas mit ihnen anfange.

Anders gewendet und einen Schritt weitergeführt: Im Interpretieren nehme ich etwas als etwas. Und das heißt: Ich nehme es als es selbst und als etwas für mich. Nur indem ich es zu etwas für mich werden lasse, geht es mir in sich auf. Interpretation umfaßt die Wahr-nehmung (die Sache von sich her) und den Entwurf (die Sache von mir her).

Ich greife etwa zu einem Text. Ich frage: Was steht da? Und was da steht, beziehe ich auf meine Verständnismöglichkeit, beziehe es auf die Worte und Denkmuster, die in mir bereitstehen. Einen Text verstehen, also verstehen, was wirklich dasteht, heißt zugleich: diesen Text für mich übersetzen, ihn mir sagen lassen, was er sagt. Beim Spazierengehen läuft die Sache scheinbar anders, und doch hat sie dieselben Momente. Ich kann nur Spazierengehen, weil eine Landschaft da ist und ich weiß: Da könnte es Wege geben, da könnte es weitergehen. Ich nehme das, was vor mir liegt, als begehbares Land. Ich beziehe es also auf meine Bedürfnisse, auf mein Wollen. Ich beziehe es also auf mich, nehme es als etwas für mich. Und darin sehe ich, wie es ist, geht mir die Landschaft als sie selber auf.

Wir können uns keinen Vollzug vorstellen, bei dem es grundsätzlich anders liefe. Immer geht etwas auf in sich, indem es mir aufgeht. Immer ist etwas es selbst, indem ich es mir übersetze, auf mich beziehe, mir assimiliere, von mir aus entwerfe. Interpretation geschieht überall, [101] allein sie schlägt den Bogen jener Beziehung, in der mein Anfangen, mein Tun spielt.

Genauer betrachtet, geschieht in jedem einzelnen Interpretieren ein mehrfaches Interpretieren. Ich interpretiere etwas, indem ich anfange. Aber dabei interpretiere ich auch mich. Verstehend und sehend bringe ich mich ins Spiel als den, der ich bin, nehme ich mich wahr als den, der ich bin. Aber ich konstatiere mich nicht einfach, sondern entwerfe mich auf das Neue hin, was mir aufgeht. Ich sehe von dem her, was mir neu aufgeht, mich selber neu. Von den Fragen, die ich stelle, von dem her, was ich verstehe, verstehe ich mich selbst. Spiele ich immer Mozart, verstehe ich mich als Mozartspieler.

Das andere und mich selber sehend und in diesem Sehen das andere und mich wahrend und entwerfend, wahre und entwerfe ich auch jeweils den Zusammenhang zwischen mir und meiner Sache, wahre und entwerfe, interpretiere ich also das Ganze.

b) Gestalten

Wollen wir dem Interpretieren gegenüber das Gestalten als die andere Grundrichtung menschlichen Vollzuges absetzen, so geraten wir in eine Schwierigkeit. Wir haben nämlich offenbar schon beim Interpretieren vom Gestalten gesprochen, beide lassen sich gar nicht säuberlich voneinander trennen. Wenn ich eine Sache als sie selber nehme, wenn ich sie verstehend in mich nehme, dann gelingt das nur, indem ich ihr den Stempel meiner Gedanken aufpräge, indem ich sie – wenn man so will – verändere. Was anderes aber ist solches Prägen, Entwerfen, Verändern als eben: Gestalten?

[102] Um es bei unserem Modell von Anfangen und Wissen durchzuspielen: ich muß nicht nur vor dem Anfangen wissen, was ich anfangen will, und weiß nicht nur nach dem Anfangen, was ich weiß, sondern dieses Wissen ist selber ein Anfangen. Übersetzt ins Sprachspiel Interpretieren-Gestalten: ich interpretiere nicht nur, ehe ich gestalte und in der Folge davon, daß ich gestaltet habe, sondern mein Interpretieren ist selbst Gestalten. Auch wenn ich das scheinbar passivere Wort Verstehen statt Interpretieren einsetze, ändert das im Grunde nichts; denn auch Verstehen ist Nehmen und Geben, Wahrnehmen und Entwerfen, Verstehen ist Interpretation.

Kann man dann aber noch von zwei Grundrichtungen, von einem gegenläufigen Rhythmus des Interpretierens und Gestaltens sprechen? Sosehr ich im Interpretieren hinausgehe zu der Sache, sie bei sich selber abhole, mich in sie eintrage – die Grundbewegung des Interpretierens ist doch das Einholen der Sache in mich selbst. Der Ort, des Verstehens, des Interpretierens ist der Geist, mein Erkennen, bin ich. Der Ort des Gestaltens aber ist die Sache. Ich trage mich ihr ein, ich gebe mich ihr ein und mache dadurch sie anders, sie neu.

Das geht nicht ohne die Interpretation, nicht ohne das sie lichtende Verstehen. Nichtsdestoweniger hat Gestalten einen Überschuß übers Interpretieren. Es ist der Überschuß der Veränderung, des Neuwerdens der Sache. Folge und Erweis: als gestaltete zwingt sie wiederum dazu, sie auch neu zu interpretieren, sie auch neu zu sehen.

Wenn ich z. B. aus einem Felsen eine Statue mache, dann ist das etwas anderes, als wenn ich den Felsen neu interpretiere. Interpretieren macht neu, aber macht neu, um zu belassen. Gestalten wahrt und beläßt, aber es [103] wahrt und beläßt, um daraus Neues werden zu lassen. Einen alten Text verstehe ich neu, interpretiere ich, damit er mehr sagt, was er schon immer sagt. Wenn ich einen Felsen zur Statue gestalte, dann belasse ich ihn als Material, gehe in der Bearbeitung sogar ein auf das Eigentümliche dieses Materials, aber es ist mir Material für Anderes, für Neues. Was werden soll, ist die Statue.

Gestalten also hat die Richtung von mir weg, auf die Sache zu, in die Sache hinein. Ich trage mich in sie ein, damit sie anders, neu wird. Solches gilt nicht nur für den Fall des künstlerischen oder handwerklichen Bearbeitens eines Materials, es gilt also nicht nur im Fall der Veränderung einer Sache zu einer anderen durchs Gestalten. Es gilt auch vom Ausgestalten und Weitergestalten. Wenn ich spazierengehe, dann fange ich in der Tat mit der Landschaft etwas an. Sie wird durch mich begangene Landschaft, Landschaft, die meine Spuren trägt – auch wenn diese Spuren äußerlich verwischen. Sie ist gesehene, in neuen Aspekten, neuen Perspektiven gesehene Landschaft. Ich kann von dieser Landschaft erzählen, kann sie malen, vermittle von ihr ein neues Bild. Ich kann anderen sagen, wie man sie durchwandern soll. Daß solche unscheinbare Veränderung nicht nichts ist, wird an den Folgen deutlich. Durchwanderte Landschaft wird erschlossene Landschaft, Pfade durchziehen sie, sie wird schließlich Kulturlandschaft. Das Gegenbeispiel dessen, der nichts verändern, sondern nur bewahren will, zählt sowenig wie das andere, daß einer sich träge allen Gestaltens enthält. Wer wahren will, muß die Bedingungen dessen, was ist, verändern, damit der Veränderung gewehrt wird. Wer sich vom Gestalten zurückzieht, der entzieht seine eigene Potenz dem Kräftespiel der Welt und verändert es so. All unser Tun ist zumindest eine [104] Silbe im großen Buch der Geschichte, im großen Buch der Veränderung der Welt. Fazit: Alles Gestalten verändert, und alles Tun ist Gestalten.

Ähnlich wie beim Interpretieren geschieht auch bei jedem einzelnen Gestalten ein mehrfaches Gestalten. Anderes gestaltend, gestalte ich mich, gestalte ich das Ganze. Anderem Form gebend, nehme ich selbst Form an, die ich, in mir allein verharrend, nicht hätte. Durch das, was ich tue, verändere ich das Gesamtbild meiner Fähigkeiten. Ich kann mich zum Sportler, zum Wanderer, zum Klavierspieler prägen. Gestalten heißt also, die Beziehung zwischen mir und meiner Sache gestalten und so den Raum dieser Beziehung, das Ganze in eine neue Konstellation bringen, verändern.

c) Interpretieren und Gestalten

Wir sahen: Interpretieren und Gestalten lassen sich unterscheiden, sie sind gegenwendige Bewegungen, die den Rhythmus unseres Tuns im ganzen angeben – aber wir können das Interpretieren nicht ohne das Gestalten, das Gestalten nicht ohne das Interpretieren zur Sprache bringen. Wie sind beide einander zugeordnet?

Interpretation ist Voraussetzung des Gestaltens und geht im Gestalten selbst mit vor. Nur wenn ich weiß, was ich anfangen will, fange ich an, und mein Anfang geschieht im Licht dieses Wissens, ja erzeugt sich selbst jeden Augenblick neu dieses Licht. Und was ich angefangen habe, verlangt wiederum nach Interpretation, ist nur in ihr es selbst. So setzt Gestalten Interpretieren voraus, erzeugt Gestalten Interpretation und fordert Interpretation als seine Folge. Die Idee leitet das künstlerische Gestalten ein und leitet es. Sie wird sich selbst im Gestalten [105] je heller, präzisiert sich in ihm, und das vollendete Werk verlangt nach Interpretation.

Aber auch umgekehrt gilt: Interpretation setzt voraus, daß ich mich dem zuwende, was ich interpretiere. Die Zuwendung, die Überwindung meiner interesselosen Distanz ist Anfang von Gestaltung. Und indem ich in meiner Zuwendung die Sache mir aufgehen lasse, geschieht mein Interpretieren selbst als ein Übersetzen, als ein veränderndes Gestalten. Habe ich die Sache aber verstanden, dann fordert sie meine geschehende Beziehung zu ihr, mein gestaltendes Eingehen auf sie heraus. Also wiederum: Gestalten ist Voraussetzung und Folge des Interpretierens, und Gestalten geschieht auch im Vollzug des Interpretierens selbst.

Das Ineinanderspiel von Gestalten und Interpretieren schließt noch weitere Dimensionen ein. Die eine bedachten wir bereits: etwas interpretieren und gestalten heißt stets auch, mich und das Ganze interpretieren und gestalten. Eine andere Dimension sei eigens erwähnt: das Wechselspiel zwischen Interpretieren und Interpretiertwerden, zwischen Gestalten und Gestaltetwerden. Was ich interpretiere, interpretiert auch mich; was ich gestalte, gestaltet auch mich. Wenn ich mit dem Meißel eine Statue gestalte, bekomme ich Schwielen an meinen Händen; wenn ich die Landschaft durchwandere, dann verändert das Wetter mein Gesicht. Wenn ich mit Texten von Dichtern und Denkern, wenn ich mit Musik und Kunst umgehe, dann verändere nicht nur ich mein Verstehen, Hören und Sehen, sondern das, womit ich umgehe, schafft sich selbst Resonanz in mir, verändert mich. Freilich werde ich nicht nur interpretiert und gestaltet durch die Rückwirkung meines eigenen Tuns; andere und anderes interpretieren und gestalten von sich [106] her, was ich bin. Dieses Erleiden allerdings ist Herausforderung zur aktiven Antwort, zum interpretierenden und gestaltenden Bestehen.

Das Ineinander von Interpretieren und Gestalten läßt es nicht zu, beide als getrennte Phasen im Rhythmus meines Daseins auseinanderzulegen, beide sind vielmehr jeden Augenblick ineinander. Ihr Ineinander verbietet erst recht, die menschlichen Vollzüge in solche des bloßen Interpretierens und solche des bloßen Gestaltens zu sortieren. Und doch mischen sich und fordern sich Interpretation und Gestaltung in den unterschiedlichen Vollzügen auf unterschiedliche Weise. Durch ihren inneren Schwerpunkt, aber auch durch ihre Funktion im Ganzen des menschlichen Lebens heben sich so Spiele der Interpretation von Spielen der Gestaltung ab, will sagen: Spiele, in denen das Moment der Interpretation führend ist, von solchen, in denen das Moment der Gestaltung vorherrscht. Diesen unterschiedlichen Spielen nachzugehen heißt, die Wirklichkeit des Menschen, das Spiel seines Lebens lebendiger verstehen.

Das Wortpaar Interpretieren – Gestalten erinnert an das andere: Theorie – Praxis. Es ist gang und gäbe, Theorie und Praxis voneinander abzuheben, gegeneinander auszuspielen. Bloße Theorie gilt als welt- und lebensfremd; auch die Wissenschaft muß den Praxisbezug als ihre Ermächtigung nachweisen. Andererseits bekommt das Wort Theorie heute wieder einen aktuelleren Klang. Man erkennt immer mehr, daß Praxis ohne Theorie nicht geht, daß in jeder Praxis eine Theorie enthalten ist. Wie wenig Theorie und Praxis voneinander zu trennen sind und wie problematisch es ist, nur auf eines von beiden zu setzen – Unterscheidung und Zusammenhang also von Theorie und Praxis können uns am Unterschied [107] und Zusammenhang von Interpretieren und Gestalten deutlicher aufgehen. Der „Praxisbezug“ unserer Überlegung dürfte in der Überwindung einer falschen Alternative liegen.

d) Interpretation, Gestaltung und Grundspiele

Wären Interpretieren und Gestalten allein der Rhythmus all unseres Tuns, so hätte unser Leben zwar eine Einheit im Ablauf, aber nicht eine Einheit in der Tiefe, jene Einheit, die ihm Sinn, Ernst und Licht gibt. Wir sind von daher genötigt zu fragen, wie die Grundspiele ins Spiel von Gestaltung und Interpretation hineinreichen. Wir können Interpretieren oder Gestalten nicht dem einen oder anderen der Grundspiele oder der Transzendentalien zuschlagen, wir können nur insgesamt das Ineinander von Interpretieren und Gestalten in Beziehung zu ihnen setzen.

Es wäre zuwenig, nur darauf zu verweisen, daß die Struktur von Interpretieren und Gestalten – die Gegenwendigkeit des Auf-mich-zu und Von-mir-her und der gegenseitige Einschluß von Gestalten und Interpretieren – sich mühelos in die von uns erhobene Spielstruktur fügt. Wir müssen vielmehr auf die inhaltliche Verklammerung von Interpretieren und Gestalten mit den Grundspielen achten.

Es lohnt nicht, etwas wissen zu wollen, es lohnt nicht, etwas anzufangen, wären nicht Interpretieren und Gestalten gespannt vom Gewicht dessen, daß es auf etwas, daß es auf alles ankommt. Das Interesse am Guten, am Sinnhaften ist die Triebfeder, um das, was ist, je neu auszulegen und um Welt und Leben neu zu gestalten. Nur auf die Zukunft des absolut Guten hin zerfasern die Ab-[108]läufe des Verstehens und Gestaltens nicht, laufen sie nicht ins Leere.

Verstehen und Gestalten sind mehr als bloße Spielerei, weil dem unbedingten Ziel der unbedingte Einsatz entspricht: Organ und Preis des Interpretierens und Gestaltens kann, aufs Ganze gesehen, nur mein Dasein, kann nur ich selber sein. Nur wenn ich mein Sein einbringe, kommt das Sein der Dinge und der Welt ins Licht meines Sehens und gibt es sich mir ins Werk.

Solcher Einsatz ist die Vorbedingung, damit meine Verstehensentwürfe, damit meine Gestaltungsversuche etwas zu sagen haben, damit sie sich bewähren können. Aus diesem Einsatz aber wächst die Dynamik, meine Versuche nicht im Nur-Privaten zu belassen, nicht nur als Bestätigung und Vermehrung meines Wissens und Könnens auf mich zurückzubeziehen. Was ich sage und was ich wirke, will Mitteilung, will Gabe sein, die ich in den Raum gegenseitigen Gebens und Nehmens, in den Raum des Sprechens, in den Raum der Wahrheit einbringe.

So gut ich vielleicht interpretieren und gestalten kann – interpretieren und gestalten „kann“ ich nicht. Der ganze Einsatz ist gefordert, das Gelingen ist nicht meine Sache. Mein Tun, alles Tun ist Spiel, dem seine Vollendung sich zuspielen, dem sein Glück sich gewähren muß. In der Spannung zwischen dem Spiel und seiner Hoffnung einerseits und der Erfahrung der Ohnmacht und des Scheiterns andererseits fragt alles menschliche Interpretieren und Gestalten nach der es vollendenden Zusage und Gabe, nach dem Heil. Ist nicht solche Frage, sie allein, das, was dem menschlichen Tun und der menschlichen Geschichte, die im Rhythmus von Interpretieren und Gestalten schwingt, die Einheit gibt?