Ist das Konzil schon angekommen?
Die Botschaft des Konzils – das Konzil als Botschaft
Was nun ist das Mysterium der Kirche? Was ist in der Kirche vom Mysterium Gottes angekommen, wie ist sie selber Botschaft dieses Mysteriums? Welches sind die Wege, die diese Grundbotschaft ankommen, eintreffen lassen in unserer Zeit durch Aussage, Ereignis und Konsequenzen des Zweiten Vatikanischen Konzils? Es ist eine Not, vielleicht aber auch eine heilsame Not, auf diese recht fundamentalen Fragen eine sehr knappe Antwort geben zu müssen. In der Tat sehr knapp, aber auch sehr prägnant hebt sie das Schlußdokument der Synode heraus unter den Nummern 2. und 3. des Abschnitts über Das Geheimnis der Kirche. Diese Nummern tragen die Überschriften Das Geheimnis Gottes durch Jesus Christus im Heiligen Geist (II.A.2) und Das Geheimnis der Kirche (S. 8, II.A.3). Die genannten Abschnitte (S. 8f.) können als ein profilierender Kurzkommentar des 1. Kapitels der Dogmatischen Konstitution über die Kirche Lumen Gentium des Zweiten Vatikanischen Konzils gelten, das zusammen mit dem 2. Kapitel derselben Konstitution über das Volk Gottes gewissermaßen die Schwingachse aller Konzilsdokumente darstellt.
Ich möchte indessen nicht die Texte zitieren, sondern einen Zugang zu ihnen bahnen, der vielleicht zu grob und dadurch geschichtlich anfechtbar gezeichnet wird, mir dennoch gerade so den springenden Punkt deutlicher hervorzuheben gestattet. Ich möchte wörtlich nur den zentralen Satz aus dem bezeichneten Synodentext hervorheben: „Die Botschaft von der Kirche, wie sie vom Zweiten Vatikanischen Konzil beschrieben wird, ist trinitarisch und christozentrisch“ (S. 8, II.A.2). Mir scheint indessen, dieser Satz ist zu ergänzen durch einen anderen aus einem späteren Zusammenhang: „Deshalb ist die Beziehung zwischen Menschheits- und Heilsgeschichte im Licht des Ostergeheimnisses zu erklären.“ Er steht unter der Überschrift Theologie des Kreuzes (S. 19, II.D.2). Die Betonung des Ostergeheimnisses, also der zentralen Stellung des Kreuzes und von ihm aus der Auferstehung als Interpretationsschlüssel für unsere geschichtliche Situation, aber auch für das [55] Mysterium Kirche ist schier der einzige Punkt, an welchem das Schlußdokument der Synode Unterstreichungen, Akzente zum Urtext des Konzils hinzufügt.
Halten wir im Gedächtnis: Gottes dreifaltiges Leben, das Christusgeheimnis, also die Menschwerdung des Sohnes Gottes, das Paschageheimnis, also Kreuz und Auferstehung werden als das Zentrum sowohl der christlichen Botschaft wie des Wesens und Lebens der Kirche herausgestellt.
So fromm und selbstverständlich dies klingt, so ungeheuerlich und folgenschwer ist es doch.
Aber wieso? Und nun eben jene vergröbernde Strichzeichnung, die uns die Synodenaussage in ihrer geschichtlichen und theologischen Bedeutsamkeit wahrnehmen lassen soll: