Institution: Geflohen und gesucht

Die Erschwerung des Zugangs

Es muß aber doch seine besonderen Gründe haben, weshalb in der Neuzeit, spätestens von der Reformation an, die ertragende Hinnahme einer kirchlichen Institution so schwer und diese für eine Großzahl geradezu unverständlich wird. In Antike und Mittelalter gab es zwar viele Reibungen innerhalb der Christenheit, viel Kritik an Papsttum und Klerisei, aber diese Kritik blieb personal, während das Moment der Institution als die selbstverständliche „Gestalt“ des „pilgernden Gottesstaates“ verstanden und bejaht wurde.

Der antiinstitutionelle Trend der Neuzeit hängt mit der sogenannten „Freiheitsgeschichte“ der letzten Jahrhunderte zusammen, deren vordergründig soziologische Entwicklung von einer hintergründig philosophischen Entscheidung gelenkt wird. Von Descartes zu Kant und zu Hegel (aber die andere Quelle: Luthers „Freiheit des Christenmenschen“ gehört dazu) geht es steigend um die Reduktion des Menschen auf das sich selbst erkennende, von sich selbst Besitz ergreifende, sich selbst in Freiheit konstituierende Subjekt, das zu seiner Selbstergreifung – seiner Freiheitsgeschichte – sich das Objekt entgegensetzen, sich selbst ins Objekt entfremden muß, um von dorther erst seiner selbst reflektierend ansichtig zu werden. Damit ist zweierlei untrennbar gesagt: einmal, daß alles, was nicht Subjekt ist, nur Objekt, gegenständlich sein kann, und sodann, daß diese Objektivität ein Übergang, eine geschichtliche Phase in der Selbstentwicklung der Subjektivität ist. Man sieht sogleich den radikalen Gegensatz dieses Prinzipansatzes zum Begriff von „Gestalt“, der schon rein philosophisch oder künstlerisch genommen die Selbstkundgabe einer Freiheit und Innerlichkeit in einer organischen und werkzeuglichen Leiblichkeit besagt, und damit hintergründig auch zum Begriff von „Gestalt“, wie wir ihn auf die Offenbarung Gottes in Christus in der Kirche angewendet haben. Einerseits erstarrt die lebendige Leiblichkeit zur Opposition des „Objekts“, anderseits ist dieses Objekt, als Institution, dazu bestimmt, sich selbst in ein Moment der Subjektivität und seiner Freiheit aufzulösen.

Wir können nacheinander drei Tendenzen feststellen, die sich aus diesem gemeinsamen Grundansatz entfalten und trotz ihrer dialektischen Entgegensetzung nur ineinander umschlagende Momente eines gleichen Denkschemas sind.