Geistlich heißt weltlich

Die fällige Integration

Der Mensch ist verplant, aber in solchem Plan nicht integriert. Der Mensch selbst plant den allumgreifenden Zusammenhang der Technik und der technisierten Gesellschaft, aber der Plan, den er entwirft, integriert gerade ihn nicht. Er und sein Nächster, er und seine Welt, er und er selbst, er und sein Sinn fallen auseinander.

Wir sprachen schon davon: Es käme auf das [314] Wort an, auf das Wort, in dem er, sein Nächster und die Welt geschaffen ist, auf das Wort, das ihn, den Nächsten und die Welt ihm erschließt und zurückgibt. Dieses Wort müßte seinem Sehen die Perspektive, seinem Handeln den Impuls geben, damit er von sich aus, dort wo er steht, anfangen könnte, den zerrissenen Zusammenhang neu zu stiften.

Dieses Wort ist alles eher als eine bloß intellektuelle Sache. Dieses Wort bleibt nicht nur Theorie. Dieses Wort leistet vielmehr eine weitere Integration, auf die der Mensch dringlich angewiesen ist.

Was uns so oft nicht zu uns selbst und über uns hinauskommen läßt: Wir haben eine Theorie, wir haben ein Wissen, wir haben eine Anschauung der Wirklichkeit. Aber daneben steht die Wirklichkeit, daneben steht unser Handeln, jener Kontext der vielerlei Anforderungen, Erwartungen und Beziehungen, in die wir hineinverstrickt sind. Die Theorie bleibt etwas Abseitiges, etwas Jenseitiges, etwas bloß darüber. Dieses Auseinanderklaffen von Theorie und Praxis, die Ohnmacht, das Eingesehene auch in die Tat umsetzen, macht nicht wenige aller Weltanschauung, allem Glauben, aller Theorie gegenüber skeptisch – alles das wird abgetan als ohnmächtiger Schein, als etwas, das für die Wirklichkeit nichts taugt, und so verläßt man sich auf die Pragmatik allein; oder aber man verliert sich in jene sonderbare Schizophrenie, die es gar nicht mehr versucht, den Ideenhimmel im eigenen Kopf und die Banalität der Tatsachen, mit denen man hantiert und die mit einem hantieren, gegenseitig zu vermitteln.

Und selbst wenn es einmal gelänge, daß Theorie und Vollzug zueinander stimmen, so fehlt doch eine weitere Integration. Damit, daß ich mein Tun ins Maß meiner Einsicht gebracht habe, ist die Welt noch nicht verändert. Gerade der Entschiedene und Überzeugte, jener, der sich von Idealen und Maßstäben leiten läßt, fühlt sich isoliert und alleingelassen. Er weiß nicht, wie er die persönliche Gestalt seines Lebens übersetzen kann ins Miteinander der Gesellschaft. Er kommt zu sich durch die Einheit von Theorie und Praxis, er kommt aber nicht über sich hinaus. Das Endprodukt seiner ethischen Anstrengung wird nicht zum zündenden Funken, der Leben stiftet mit anderen, Leben in der Gesellschaft.

Fazit: Es kommt darauf an, jene doppelte Integration zu stiften, die meine Theorie mit meiner Praxis, meine Praxis mit dem gemeinschaftlichen Leben, mit Gemeinschaft und Gesellschaft verbindet. Die Kraft dieser Inkarnation ist das Wort, das nicht nur vor und über allem steht – und auch nicht nur verborgene Tiefe in allem ist, sondern jenes Wort, das Fleisch geworden ist und unter uns wohnt, zwischen uns sein Zelt aufgeschlagen hat, um hier, zwischen uns, unser eigenes, neues, gemeinsames Leben zu werden.