Die Suche nach dem Bruder

Die familiäre Bruderschaft*

Der Ursprungsraum, welcher die Bruderschaft ausmacht, ist geprägt von der väterlichen und der mütterlichen Gestalt des Ursprungs zugleich. Man sagt ja vom Vater, daß er mit dem Kind weniger unmittelbar verbunden sei als die Mutter. Daß es bei ihm eines eigenen Aktes, nahezu der „Adoption“ bedarf, des Annehmens und Anerkennens, um diesem Wesen [30] gegenüber, dem er Vater ist, seine Vaterschaft zu verwirklichen und zu verlebendigen. Der Vater ist als Vater da im logos, im Wort, im annehmenden und ansprechenden und in Anspruch nehmenden Wort zu seinem Sohn.

Und Brüder stehen im Anspruch desselben Vaters, sie stehen unter demselben Anspruch, und eben dies, daß sie von einem Anspruch berufen und geprägt sind, das macht zunächst ihre Ursprungsgleichheit aus. Aber Brüder beziehen sich zugleich zurück auf die eine und dieselbe Mutter, und Mütterlichkeit heißt geschickhaft verwachsen sein mit dem Kind. Eine geradezu „physische“ Einheit bildend, dehnt sich das Sein der Mutter über das Kind aus, das, aus ihr herauswachsend, zugleich in ihr umfangen bleibt. Und so sind Brüder nicht nur Menschen, die unter demselben Anspruch stehen, sondern auch Menschen, die in derselben Geborgenheit – oder Ungeborgenheit, Menschen, die in der Solidarität desselben Geschickes stehen.