Anfang bei der Zukunft: Anfang beim Vater

Die Frage nach Gott und der Weg zum Vater

Die linke Bildhälfte, Adam, das sind immer neu wir: Wir strecken die Hand aus nach vorne und können es doch nur, weil wir „gezogen“ werden. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns ziehen zu lassen, und doch wollen wir es, ist es unser Innerstes. Dasein und Aufbrechen nach vorn, in die Zukunft, das ist eines und dasselbe. Es ist der innere Impuls jeden Augenblicks, in ihm das zu ergreifen, wozu ich jetzt sagen kann: Das will ich, das ist gut für mich! Im Extremfall sage ich: „Nichtsein, das ist gut für mich! Das, was nicht gut, ist jetzt gut für mich! Ich kann nicht anders, alles andere wäre mir, meinem Willen jetzt schrecklich.“ Im Wort „gut“ sage ich: damit kann ich leben, damit will ich leben, so soll es sein. Das Wort „gut“ scheint zuerst wie ein Prädikat für etwas, das fertig ist, eben als gute Note. Aber die gute [149] Note ist ja dazu da, daß man versetzt wird, das Prädikat „gut so!“ heißt: So kann es bleiben, so kann es weitergehen.

Ich bin – und ich lange aus nach vorne. Ich will das, aber ich kann es nicht nicht wollen. Und wenn ich zögere, Angst habe, mich zurückhalten will, es ist Stoß und Einladung zugleich: Komm, du kannst nicht stehenbleiben, es geht weiter – und also gehst du weiter. Von vorne her kommt jeden Augenblick das Terrain auf mich zu, das ich mit eben diesem Augenblick unweigerlich betrete. Daß ich es betrete, das liegt nicht in meiner Hand, wie ich es betrete, das ist meine Sache. Ich betrete es von mir aus, verantwortlich. Irgendwie tue ich das immer.

Auch zu dem, was gar nicht anders sein kann, nehme ich Stellung. Dasein heißt immer antworten. Antworten worauf? Auf das Wort, das mich zum nächsten Schritt einlädt, drängt, zwingt, freisetzt.

Ein kleiner Hinweis: M. Blondel hat in seinem 1893 in der Urform verfaßten Werk „L’action“ die Struktur des unweigerlichen und doch so gerade freien Hinseins unserer Existenz auf einen je überragenden Sinn in eindrücklichen Analysen und Reflexionen dargetan.

Bleiben wir im Gang unserer Überlegung. Wir können den Adam der linken Bildhälfte nicht haben ohne eine rechte Bildhälfte, und wir sind dieser Adam. Deutungen gibt es unterschiedliche, was die rechte Bildhälfte enthält und wie sie zu verstehen ist. Leben und Sehen von einer uns übersteigenden Zukunft her – daran kommen wir nicht vorbei.

Decken wir die konkrete rechte Bildhälfte einmal ab, so können wir doch aus dem Adam, der wir sind, deren dreifache Struktur erheben: Da ist ein entzogener Grund, ein äußerstes Wohin, das sich als unser Woher uns zuwendet, uns Grund wird, ins Sein ruft, mit dem Sein begabt. Sein kommt aus uns entzogener Quelle uns zu. Dieser Quelle aber entströmt ein Wort; sie sagt uns: Sei! Und dieses Sei heißt: [150] Komm, mach den nächsten Schritt! Dieses Wort ist unseres Seins mächtig – aber so, daß eben wir sind, wir gehen, wir folgen. Weil wir Antwortende sind, ist es eben nur so zu deuten: Das „Sei!“ ist Wort an uns, es heischt Antwort, weckt Antwort. Und unser Folgen, unser Sein ist nicht nur Widerfahrnis, sondern es geschieht mit: Appetit. Aus der Quelle durch das Wort der Appetit: Wir wollen Zukunft, wollen sein, wollen zumindest (oder wir müßten sagen: zuhöchst), daß es gut ist, gut mit uns. Der an die Grenze der rechten Bildhälfte gezogene Arm ist der angezogene Arm jener, der in solcher Anziehung sich selber streckt, die Hand hinhält. Wir entdecken also: Quelle – Wort, das ruft – Appetit, der uns anweht und in uns Atem wird. Anders gewendet: das Antlitz – der sprechende Mund – der „Finger an des Vaters Hand“ (um das „Veni Creator Spiritus“, den Heilig-Geist-Hymnus, zu zitieren). Es geht [...] hier nicht um die drei göttlichen Personen in sich, wohl aber um jene trinitarische Struktur, die in unserem Dasein, in jedem Schritt eines jeden Augenblicks in den je nächsten und damit ins Ganze hinein sich abzeichnet: Zeit kommt mir aus verborgener Quelle zu – diese Quelle ruft, fordert, lädt ein, so daß ich seiend selber bin, antworte, ergreife, folge – von mir aus, in einem vielleicht hernach verdorbenen oder in fremde Richtung abgelenkten „Appetit“, aber eben doch in einem Streben, das, indem es ganz das meine ist, mir doch eingeboren, „zugeweht“ ist.