Propädeutische Überlegungen zur Glaubensvermittlung

Die Struktur von Glaubensvermittlung*

Kommen wir in einem dritten reflektierenden Hinblick auf unsere Formel von Vermittlung zurück, um mit ihrer Hilfe die theologische Frage weiterzutreiben: Was ist Glaubensvermittlung? „Aus der Mitte eines anderen, der mir eine Sache vermittelt, geht mir diese Sache in ihrer Mitte so auf, daß sie meine eigene Mitte trifft und aus ihr neu aufgeht.“ Diese Kurzformel besagt stets ein Dreifaches, wenn sie Vermittlung sagt. Ich muß die Wirklichkeit einer Sache so lange bewohnen, bis ich meine und deine Geschichte in ihr finde. Ich muß meine Geschichte solange bewohnen, bis ich darin deine und die der Sache finde. Ich muß deine Geschichte solange bewohnen, bis ich darin meine und die der Sache finde.

Diese Aussage über Vermittlung überhaupt bedeutet auf die Glaubensvermittlung bezogen: Ich muß mich und meine Geschichte so bewohnen, daß die Sache, die ich vermittle (d. i. der Glaube), meine Sache ist. Aber dir habe ich meine Sache so zu vermitteln, daß ich in meiner Sache und in mir auch dich finde mit deiner Not, deinen Fragen, deinem Anderssein. Ich darf also durchaus meine Erfahrung zum Ausgangspunkt der Glaubensvermittlung nehmen, aber nur wenn ich in meiner eigenen Erfahrung den Glauben und den anderen finde in seiner Fremdheit, seiner Andersartigkeit wie auch in seiner Nähe, seiner Bedeutung für mich. Ich kann aber ebenso von der Sache [108] (vom Glauben) als solcher ausgehen, aber nur wenn ich in ihrer Mitte auch mich und den anderen finde. Und ich kann drittens vom anderen und seiner Geschichte aus den Prozeß der Glaubensvermittlung beginnen, aber nur wenn ich mich mit ihm so eins mache, daß ich in ihm die Sache und mich selber finde. In jedem der drei Pole – ich, der andere, die Sache – je die beiden anderen Pole finden, das ist der Weg von Vermittlung.