Aachen 1986 – eine Botschaft?

Ein Kontext: Ausstellung „Heiligtümer Jugendlicher“

Es gab einen diese Erfahrung von einer anderen Seite her erleuchtenden Kontext, den ich zumindest streifen will: die Ausstellung „Heiligtümer Jugendlicher“ in der Neuen Galerie. Junge Menschen haben hier selber zusammengetragen, was ihnen persönlich als heilig gilt. Die meisten der hier zu sehenden Gegenstände hatten nichts unmittelbar mit der Welt christlicher Symbole und Glaubenssätze zu tun. Alltagsgegenstände, Familiäres, Typisches aus der Jugendwelt von heute, aber auch einige religiöse Zeichen. Oft bewegend die Begleittexte, die erklärten, warum gerade dieses dem jeweiligen jungen Menschen heilig ist. Mich hat das sehr beschäftigt. Es ist nicht wahr, daß der Jugend von heute alles egal ist oder daß sie nur danach fragt: Was bringt es? Wenn auch ihre Lebenswelt und ihre Ideale ganz weit weg erscheinen von unserer christlichen Überlieferung, so bricht doch eine bewegende Offenheit auf: Fast in allen Heiligtümern spielten Begegnungen, Beziehungen oder Wertmaßstäbe eine Rolle, die von diesen jungen Menschen aus dem gleichförmigen und gleichgültigen [48] Gang der tausend Impressionen ihres Alltags herausgehoben und zu Wegzeichen gemacht wurden. Das, was war und sie in die Pflicht nimmt, das, was sein soll in ihrem Leben und woraufhin sie sich verantwortlich orientieren, das, was einmal geschehen ist und dem sie nicht untreu werden wollen: dies verlangt nach Gestalt, um berührbar, um gegenwärtig, um helfend und beunruhigend, eingreifend mächtig zu sein in ihrem Leben. Auch hier: mehr als nur Zwecke; Macht der Erinnerung; Geduld und Sich-Ausstrecken; Sehnsucht nach der Nähe des Entzogenen, Je-Größeren; Verantwortung für die Welt. Also dieselben Momente, wenn auch leiser getönt, die wir soeben beobachteten, als wir den Gang zu den Heiligtümern nochmals überdachten.

Auch von dieser Seite bestätigt sich: Wir brauchen etwas wie eine „Theologie der Berührung“.