Musik als Liturgie – Liturgie als Musik

Einige Konsequenzen

Was läßt sich aus dem für die Musik, die ganz konkrete erheben, die z. B. von Kirchenchören und Organisten, von Scholen und Kantoren, von Musikgruppen und zumal und vor allem vom Volk Gottes selbst in der Liturgie gemacht wird?

Einmal: Es ist klar, nur ganze, nur gute Musik hat Platz in der Liturgie, entspricht der Liturgie. Aber wenn das beste nur für sie gut genug ist, dann heißt dies keineswegs, daß Perfektion der einzige Maßstab sei.

Gut ist Musik sicher, wenn ihr Was gut ist, aber sie ist sicher nicht gut, wenn nicht auch ihr Wie gut ist. Wenn den Priestern bei ihrer Weihe vom Bischof gesagt wird, sie sollen nachahmen, was sie tun, dann gilt von der Kirchenmusik sicher auch: Singt, was ihr lebt, lebt, was ihr singt! Es ist aber auch klar, daß Musik ebenso musikalisch wie dienend sein muß, um in der Liturgie ihre Funktion zu haben. Wo Musik das Geschehen am Altar nur mehr zum festlichen Hintergrund und zum Anlaß für sich selber nimmt, da hat sie die Verhältnisse umgedreht. Musik in der Liturgie muß der Musik dienen, die die Liturgie selber ist.

Ein weiteres ist klar: Der Einzelne und das Ganze, das Besondere und das Allgemeine, die vielen Funktionen und Möglichkeiten sollen in der Liturgie zum Zusammenklingen kommen. Wo immer nur einer oder eine Gruppe oder wo immer nur alle zu hören sind, da verarmt die Fülle der wesenhaften Konsonanzen des Liturgischen. Alle Pole, die in der Liturgie zur Konsonanz kommen, sollen auch musikalisch zum Klingen kommen. Das gilt auch für die Sprachen, das gilt auch für die Zeiten, das gilt auch für die Arten von Musik. Musik, die sich schlechterdings nicht mehr verständlich machen könnte, Musik, die nicht mehr fähig wäre, Einheit zu stiften, Musik, deren Eigengewicht von der anderen Mitte abzöge, Musik die so sehr nur Musik wäre, daß sie nicht mehr diente, oder so wenig Musik wäre, daß sie dem heiligen Geheimnis nicht mehr entspräche, wäre nicht die Musik für die Liturgie. In Arten und Ausdrucksweisen darf gewiß der Bogen weit gespannt werden, aber je weiter er gespannt wird, desto höher ist der Anspruch, alles auf die Mitte hin zu beziehen. Die eine Mitte muß sichtbar, sie muß Gestalt werden, wo wir die vielen Gestalten von Musik in Anspruch nehmen. Spielt das, was der Herr tut, die erste Rolle? Spielt in dem, was wir tun, sein Lobpreis die erste Rolle? Kommt in allem er und sein Geheimnis zum Klingen? Kommen Tradition und Herkunft, kommen die geprägten Elemente des weltweit Verbindenden, kommt das gültig um der Einheit willen Geregelte und Verbindende, kommt die Hoffnung auf unsere Zukunft, kommt die Stimme unserer Gegenwart, kommen alle und kommt die Vielfalt der Funktionen der vielen zum Klingen? Dies sind liturgische, musikalische, anthropologische Fragen, die das Geschehen des einzelnen Gottesdienstes in irgendeiner Kirche irgendwo verbinden mit dem großen menschlichen und geistlichen Auftrag von Liturgie als Musik.

Die Worte, die unsere Besinnung einleiteten, haben einen neuen Klang bekommen; sie können das Thema „Liturgie als Musik, Musik als Liturgie“ zusammenfassen und spiegeln: „Ewige Dinge, Dinge von Gott, sind sehr einfach und sehr tief. Wir müssen keine neuen Programme machen, wir müssen neue Wege finden, neue Energien und eine neue Begeisterung, um an Gottes ewigem Heilsplan Anteil zu haben und ihn in unserer Zeit zu verwirklichen.“