Endgültigkeit und Offenheit
Endgültigkeit und Offenheit
[20] Daß zum Christentum der Dialog gehört, ist beinahe schon ein Gemeinplatz, freilich ein Gemeinplatz, der darauf Wert legt, einigermaßen eine Neuigkeit zu sein. Obschon es ungeschichtliches Denken verrät, wenn man alle Öffnung der Kirche über sich selbst hinaus erst mit dem II. Vatikanischen Konzil beginnen sieht, soll die klimatische Wende, die es gebracht hat, nicht heruntergespielt werden. Voreilig wäre es hingegen, die Entwicklung nach dem Konzil als Rückzug aus dem Dialog zu deklarieren; daß jeder Impuls sich durch Widerstände hindurchkämpfen und so gerade den Stoff gewinnen muß, den es zu gestalten gilt, dürfte von Ungeduld und vordergründigen eigenen Interessen nicht übersehen werden. Und in der Sache des Dialogs ist es in der Tat so einfach auch wiederum nicht: Der Christ, der sein Christentum versteht, kann zwar im Grunde nicht anders, als die Wünsche und Ansichten eines jeden Menschen so ernst zu nehmen, daß ihm die einzige Möglichkeit der Begegnung der redliche Dialog ist; er kann aber gerade aus demselben Grund auch nicht anders, als Gottes in Jesus Christus gegebenes Wort so ernst zu nehmen, daß er es in keinem Dialog mehr zur Disposition stellt. Wie aber geht beides zusammen: christliche Endgültigkeit und christliche Offenheit?