Berufungspastoral um die Jahrtausendwende
Erster Quellenbereich: Natur.
Man hatte geglaubt, sie sei nichts anderes als Material, das sich in die Planung, in die Manipulation, in das „Gestell“ der Technik (Heidegger) hinein konsumieren und transformieren läßt. Der Natur auf die Schliche kommen und sie übervorteilen, so daß sie materia prima für die forma unica menschlichen Zugriffs werde: darin sah man, vergröbernd und plakativ ausgedrückt, die Maxime für den Umgang mit ihr. Wie sehr solches Denken noch seine Triumphe feiert, läßt sich an den Erwartungen und Träumen ablesen, die man mit Worten wie Gentechnologie, freilich nicht selten ungemäß, verbindet. Weithin aber entdeckt man, freilich oftmals ebenfalls übersteigert, den Einspruch der Natur, die dem Menschen entweder gar nicht geben kann, was er mit seinem programmierenden Willen ihr abzutrotzen sucht, oder aber ihm das gerade verweigert, was er braucht, wenn sie ihm nur das gibt, was er von ihr will. Die Zerstörung der Ursprünge, der materiellen wie der umfassend menschlichen, die geschieht, wenn Natur in ihrem Eigenwert entfremdet und vom Planen des Menschen vergewaltigt wird, beunruhigt den Menschen, schenkt ihm eine neue Achtsamkeit auf das, was von sich her und nicht vom Menschen her ist und das ist, was es ist (um Natur einmal in einem philosophisch verantworteten Sinn zu kennzeichnen). Die Achtsamkeit auf die Stimme des Seins, auf das von sich her Sich-Gebende und -Zeigende: in der Tat, dies ist Rückkehr zu einem Ursprung. Wo dieser Ursprung aber aus seiner Bezogenheit auf den Menschen herausgelöst und zum universalen Systemansatz gemacht wird, da droht neue Vergötzung. Das Gefüge, in welchem der Mensch allein zu leben vermag, wird aufs neue gestört. Der neue Sinn für die Natur ist ein Geschenk, der neue Naturalismus eine Ideologie.