Die Bedeutung von Erfahrung für die Religionspädagogik

Erstes Modell: Welt*

Für das erste Modell knüpfe ich, variierend und erweiternd, beim „Zielfelderplan“ an. Wenn hier die Stichworte ich – andere, Glaube – Kirche auftauchen, so würde ich gern zwei weitere Stichworte hinzufügen: meine Welt – große Welt.

[347] Was sich vom Zueinander und Ineinander von Offenbarung und Erfahrung uns zeigte, das scheint mir sich auch hier strukturell wiederholen zu müssen: Es geht nicht abstrakt um mich und nebendran um die anderen, sondern darum, daß ich ich bin auf andere zu und von anderen her, daß andere sie selber sind in meinem Horizont, von mir her und auf mich zu. – Auch Glaube und Kirche stehen in einer ähnlichen Spannung: In der Erfahrung von Kirche finde ich das Feld meines Glaubens, durch meinen Glauben baue ich Kirche. Kirche als Vorgabe und Kirche als Aufgabe, Glaube als Geschenk und Tat, die sich in die Gemeinschaft einbringen und ihr mitverdanken: nur in dieser Verflechtung sind beide zu sehen. – Und da gehört eben auch nochmals das hinzu, was die Stichworte „meine Welt – große Welt“ andeuten wollen. Gerade heute ist die Bedrohung der eigenen Welt durch die große Welt und die große Welt als der unabdingbare, aufgegebene, mitbestimmende und mitzubestimmende Horizont meiner Welt aus der Erfahrung und auch aus dem Glauben nicht auszuklammern.

Es ginge also darum, in diesen drei Feldern, die durch die genannten Stichworte gekennzeichnet sind, von den verschiedenen Polen aus aufeinanderzu zu denken, einzuführen in die Beziehung und in dieser Beziehung aufzuzeigen: beides gehört jeweils unauflöslich zusammen, aber zwischen beidem liegt doch so etwas wie ein Sprung, wie eine Entscheidung, wie ein unselbstverständliches Geschenk. Und gerade an diesen „kritischen Punkten“ ist auch der kritische Punkt schlechthin: jener, wo Erfahrung und Offenbarung ineinanderschlagen, sich geben, sich unableitbar und unerzwingbar durchdringen. Freilich müßte Religionspädagogik dasselbe Spiel nochmals spielen zwischen den drei Feldern, die ja nicht nebeneinander, sondern ineinander liegen. Ich und die anderen, meine Welt und die große Welt, Glaube und Kirche: das bestimmt sich gegenseitig, das kommt in seine Krise, in sein Glücken nur in der Beziehung und Öffnung in die jeweils andere Dimension hinein.