Einleitung zum Dokument: Der priesterliche Dienst

Ertrag

Der Text, den uns die Synode über das Priesteramt vorlegt, ist keine Ansammlung von Selbstverständlichkeiten, keine dürre Systematik des Gewohnten, keine Apologetik des Hergebrachten. Er ist Bekenntnis zum in der Kirche Geglaubten und Überlieferten, aber auch Bekenntnis zur Notwendigkeit neuen Sehens und Übersetzens. Er entwirft, von den Fundamenten christlichen Glaubens her und im Kontext der Situation, eine Gesamtschau des priesterlichen Dienstes, die es durchaus plausibel macht, warum es auch heute und immer in der Kirche den spezifischen priesterlichen Dienst geben muß.

Gleichwohl könnte nach der Lektüre des Synodendokuments mancher Priester, der in der Bedrängnis steht, wie er seinen alltäglichen Dienst tun, wie er ihn vor den Fragen in ihm und um ihn rechtfertigen soll, enttäuscht zu sagen versucht sein: Die theologische Gesamtschau, die hier geboten wird, ist zu groß, zu weit weg, als daß sie mich in meiner konkreten Not ansprechen, mir fixe Haltepunkte und klare Orientierungen geben könnte. Wie schon betont, sind viele Fragen der Theologie und vor allem der Praxis nur angerissen, aber keineswegs endgültig und bis ins einzelne hinein geklärt. Der Hinweis darauf, daß eine Synode auf Weltebene solches gar nicht leisten könne, wäre allein ein schwacher Trost. Und doch ist es kein Trick, in dieser „Ohnmacht“ des synodalen Dokuments gerade seine Aktualität zu sehen. Solche [38] „Ohnmacht“ könnte, ja dürfte auch in einer noch so praktikablen Weiterführung des Textes nicht eliminiert werden. Vielleicht dürfen wir gar nicht auf fertige Sicherheiten zählen, vielleicht ist unsere Zeit vielmehr von der Art, daß wir uns in eine „Bewegung“ hineingeben müssen, um in ihr unseren Stand und unsere Sicherheit wiederzugewinnen: in die Bewegung des Lebens Jesu, das andauernd von sich selbst hinweggerissen, über sich selbst hinausverwiesen war an den Vater und an die anderen, ohne sich jeden Augenblick im Vater und in den anderen „geborgen“ zu wissen. Vielleicht leben wir in einer Zeit, in der das letzte Wort sich erst in der geschehenden Gemeinschaft, im geschehenden Gespräch mit dem ergibt, von dem her der Versuch unseres Glaubens, unseres Dienstes und unserer Liebe seinen Sinn hat. Und dem entspricht – mehr als oftmals kirchenamtliche Dokumente mit ihren Fixierungen und Abgrenzungen, die zwar notwendig sind, von denen allein man aber nicht leben kann – gerade das Dokument, zu dem, im Grund erstaunlich genug, die Bischofssynode sich durchgerungen hat: Es kann uns das Feld der lebendigen Beziehung aufreißen, in die priesterlicher Dienst heute gestellt ist. Er ist Selbstüberschreitung in die missio des Herrn und in die communio mit allen, denen seine Liebe gilt; er ist Mut zur radikalen Nachfolge und Demut, sie einzusenken in die konkreten geschichtlichen Ordnungen und Strukturen einer wirklichen und nicht nur gewünschten Kirche; er ist Gemeinschaft mit dem Hirten, dessen Hoheit Hingabe, dessen Sich-Verlieren Freiheit, dessen Einsamkeit der Weg zur Gemeinschaft ist. Solches weist das synodale Dokument in innerer Konsequenz als die Lebensgestalt des Priesters und als die Rechtfertigung seines Dienstes vor. Es entwirft sozusagen eine „Bewegungsstruktur“, auf die man sich freilich einlassen muß, um zu erfahren, daß sie trägt. So aber ist es immer mit dem Glauben und mit der Nachfolge bestellt.