Einleitung zum Dokument: Der priesterliche Dienst

Genese: Wie entstand der Text aus dem Gespräch der Synode?

Vor der Bischofssynode wurde an die einzelnen Bischofskonferenzen ein vorbereitendes Papier zum Thema des priesterlichen Dienstamtes versandt. Dieses Dokument war von einer Sonderkommission unter Vorsitz von Kardinal Höffner, Köln, erstellt worden, an der auch Mitglieder der internationalen Theologenkommission beteiligt waren. Der Text stützte sich teilweise auf Vorarbeiten der Theologenkommission. Zwar betonte das Dokument, daß es der synodalen Diskussion nicht vorgreifen wolle; es verstehe sich nur als „Arbeitsinstrument“, um das Gespräch einzuleiten. Auch die wenigen „Fragen“, die ihm beigesetzt waren, sollten nur Vorschläge darstellen, ohne [12] die Freiheit zu beschneiden, auch anderes zu behandeln. Gleichwohl verbreitete sich die Vermutung, die Synode werde auf den hier erarbeiteten Text einfachhin zurückgreifen und ihn allenfalls mit einigen Erweiterungen oder Veränderungen versehen. Die Aufnahme des Textes war sehr unterschiedlich. Ein Vergleich mit dem Dokument, das dann die Synode selbst zur Priesterfrage verabschiedete, läßt sofort sehen, daß hier wesentlich mehr geleistet wurde als eine Überarbeitung der Vorlage. Gerade der Unterschied zwischen dem vorsynodalen Arbeitspapier und dem synodalen Ergebnis zeigt die Spanne, die das Gespräch auf die Synode hin und während der Synode zurücklegte. Das Erstaunlichste ist vielleicht dies: Das vorbereitende Arbeitspapier gliederte die Inhalte, die zur Diskussion um das Priestertum notwendigerweise hinzugehören, nach Art einer mehr äußeren Bestandsaufnahme; demgegenüber verrät das synodale Dokument eine durchgehende, innerlich kohärente Komposition, ein im Grunde einheitliches Konzept, das freilich in den drei Abschnitten Situationsanalyse – Lehrsätze – praktische Richtlinien verschiedene Akzente findet. Normalerweise müßte man eher die entgegengesetzte Bewegung annehmen: Destruktion eines vorgegebenen Konzeptes durch die zersplitternden Einzelmeinungen innerhalb einer Diskussion. Wie ist es zu dieser „sammelnden“ Bewegung in der Diskussion vor der Synode und auf der Synode gekommen?

Die einzelnen Bischofskonferenzen hatten, teilweise auch im Kontakt mit Priestern ihres Bereichs, Stellungnahmen zum römischen Papier erarbeitet und eingereicht. In manchen Ländern wurden diese Stellungnahmen noch durch gezielte Untersuchungen begleitet, zum Beispiel in der Bundesrepublik durch eine vom Allensbacher Institut für Demoskopie im Auftrag der Bischofskonferenz durchgeführte einläßliche Befragung aller Priester. Die Vorarbeit in den verschiedenen Bischofskonferenzen schuf der Synode bereits eine gewisse „Startbasis“ für ihren Dialog. Dieser selbst wurde in der Frage über das Priestertum durch die Relation von Kardinal Höffner zum Lehrteil und durch die Relation von Kardinal Enrique y Tarancón zu den praktischen Fragen eingeleitet. Wichtig für den weiteren Fortgang der Arbeit waren nicht allein diese einleitenden Relationen, auf die immer wieder Bezug genommen wurde und die [13] die überaus komplexe Materie in übersichtlicher Form darboten, sondern auch die wiederum von den genannten Relatoren gegebenen Zusammenfassungen der Plenardiskussion. Hier war die verwirrende Fülle des Gesagten bereits auf seine Grundlinien verdichtet. Im Lehrteil zeigte sich bei der Diskussion eine überraschend breite Übereinkunft in den Grundpositionen; in den praktischen Fragen lagen, gerade bezüglich der Zulassung verheirateter Männer zum Priestertum, die Positionen wesentlich weiter auseinander; doch zeigte die Diskussion im ganzen bereits eine wachsende Tendenz zu dem hin, was sich dann im Ergebnis niederschlug. Für den endgültigen Text eher noch entscheidender als die Plenardiskussionen war jedoch die Arbeit in den zwölf Sprachzirkeln, in welche sich die Synodalen aufteilten. Hier wurden nach verschiedener, jeweils selbst festgelegter Methode die anstehenden Themen bearbeitet; das Ergebnis gelangte durch Relationen ins Plenum. Aus den zwölf Sprachzirkeln heraus, aus dem Präsidium der Synode und aus Theologen, die als Sondersekretäre der Synode für die einschlägigen Fragen berufen waren, wurde alsdann eine Redaktionsgruppe gebildet, die den vorliegenden Text in seinen Grundzügen erarbeitete. Seine Endgestalt bezieht noch die Wünsche und Vorschläge mit ein, die als Modi der Synodalen eingebracht wurden.

Wie eng der Bezug des endgültigen Textes zur synodalen Diskussion ist, mag daran auffallen, daß die „Lehrsätze“ des verabschiedeten Dokuments nahezu sämtliche Gesichtspunkte aufgreifen, die im Arbeitsergebnis des deutschsprachigen Zirkels formuliert wurden. Die Redaktionskommission hat jedenfalls ein Maximum an Eingehen auf die konkrete Gesprächssituation der Synode geleistet und hierbei ein Optimum an Kraft der Zusammenschau des Divergierenden in seine verbindenden Grundzüge entwickelt. Besonders wichtig für das Werden eines theologisch die Gespräche reflektierenden und komponierenden Synodentextes war die Arbeit der beiden Theologen Hans Urs von Balthasar, Basel, und Jorge Medina-Estevez, Santiago de Chile. Vom Ergebnis her muß gesagt werden, daß auch die Vorarbeiten und Diskussionen auf die Synode hin in ihr keineswegs ohne Widerhall geblieben sind.