Glauben – wie geht das?
Gesamtstruktur der Ethik Jesu
Wir haben einen vielschichtigen Weg durchmessen, der sich in wenigen Stationen überschauen läßt. Jesus setzt an bei dem, was wir die Bundesethik des Alten Testamentes nennen können. Er konzentriert den Appell des handelnden und schenkenden Gottes an die Antwort des Menschen auf das doppelte Grundgebot der Gottes- und Nächstenliebe. Sie ist das Ganze dessen, was Gott will, aber dieses Ganze wird universal und total unter dem Zeichen der von ihm angesagten Gottesherrschaft. Die ganze, alle und alles durchdringende Nähe Gottes fordert die Überwindung aller sektorenhaften Einengung des Anspruchs Gottes und alle Äußerlichkeit einer bloß formalen Erfüllung seines Willens. Gott Gott sein lassen und darin seine Zuwendung zum Menschen und zur Welt mittun, in radikaler Gelassenheit grenzenlosen Vertrauens und Liebens, dies ist der unverwechselbare Akzent, den Jesus der altbundlichen Ethik der zweieinen Liebe gibt. Dieser Anspruch heißt in letzter Tiefe: lieben, wie Gott liebt, leben, wie Gott lebt, Gottes Leben selber mitleben und so weitergeben. Das konkrete Maß Gottes ist Jesus, seine Liebe bis zum äußersten – und so spitzt sich johanneisch die Ethik Jesu zum Neuen Gebot zu, das uns Jesu erlösende Liebe mittun und weitertun heißt. Hier hört Ethik freilich auf, bloße Ethik zu sein, sie wird Anwesenheit der Liebe, die Gott schenkt und Gott ist, darin aber Zusammenklang der göttlichen Freiheit und unserer menschlichen Freiheit.