Gott und das Denken nach Schellings Spätphilosophie
Gott und das Denken
Das Denken führt nur dann zu Gott, wenn Gott auch dem Denken Gott ist, wenn also das Denken angesichts Gottes sich von ihm her und nicht mehr nur von sich her Gott versteht. Den Zugang zu Gott als Gott eröffnet das Denken nur, wenn es sich dazu umkehrt, sich aus der Herkunft von Gott eröffnet zu sein. Das Thema „Das Denken und Gott“ impliziert das gegenläufige Thema „Gott und das Denken“ und drängt auf dessen Explikation. Die Frage, wie Gott im Denken da und welches sein Begriff Gottes sei, in dem sich seine Ergriffenheit von Gott reflex artikuliere, schließt unsere rückblickende Besinnung ab.
Es ist die Größe des mitgedachten Gedankens Gottes in Schellings letzter Philosophie, daß er sich bis in dieses Ende denkt: in die Umkehr seines Ganges auf Gott zu ins Kommen von Gott her. Gott als Ende ist nicht der göttliche Gott, dieser ist der frei anfangen könnende Herr des Seins1.
Um ihn zu denken, muß das Denken von ihm herkommen, sich in seinem Herkommen von ihm lichten. Schelling vollendet diesen Gedanken, wie gesehen, aber derart, daß dieses Herkommen zum „Ausgehen“, zur deduktiven Wissenschaft wird2. Die positive Philosophie, in der Gott als Gott im Denken ist, wird zum – allerdings je nur menschlich-endlichen – Anteil am Denken als der Selbstauslegung Gottes. Gerade diese systematische, d. h. im erläuterten Sinn: ästhetische „Vollendung“ des Gedankens läßt jedoch seine eigene Endlichkeit an entscheidender Stelle sich entgehen, und darin entgeht ihr zugleich das Gemeinte und Berührte wieder: die Göttlichkeit Gottes.
Dieser Befund läßt zwei Fragen übrig, in welchen die genannte Frage nach dem Begriff Gottes in Schellings Spätphilosophie sich zum Gespräch des Mitdenkens entfaltet: Wir fragen Schelling, wie er das Maß des göttlichen Gottes in seinem Begriff realisiere, und er fragt uns, woher wir das Maß des göttlichen Gottes nehmen, an dem wir unser Mitdenken orientieren.