Böse, das

Grund der Möglichkeit des Bösen

Um so bedrängender erhebt sich die Frage: Wie ist Böses möglich, wo doch nur das möglich ist, was die Allmacht des guten Gottes vermag? Die Analyse des B. erbringt die Antwort bereits. Wenn endlicher Wille ist, so ist er von seinem Wesen her „dasselbe“ wie das Gute schlechthin: alles sein lassendes Sich-Überschreiten und darin Mit-sich-Einssein. Indem er aber endlicher Wille ist, so ist er nicht notwendig, was er ist, steht sein Dasein in der Spannung der Nachträglichkeit zu seinem Wesen. Sich, d. h. sein Wesen vollziehend, muß er von sich her vollziehen, was ohne ihn schon ist. Sein Eigenstes, sein Wesen, ist sein „An- [623] deres“, und er muß sein Anderes als sein Eigenes, d. h. von sich her, vollziehen. Er vollzieht daher notwendig, was er vollzieht, als gut, aber was er als gut vollzieht, vollzieht er je von sich her, also nicht notwendig. Darin ist seinshaft die Möglichkeit der Differenz im Vollzug, also der Verstimmung, also des B. eingeschlossen. Dieses geschieht nur durch den endlichen Willen, der aufgerufen ist, von sich aus die Differenz der Nachträglichkeit zum göttlichen Willen aufzuheben, um nicht von sich aus, sondern von Gott aus „wie Gott“, so mit ihm eins und zugleich ganz anders als er zu sein. Der Entschluß Gottes, sein Bild, sein „Wesen“ im geschöpflichen Ebenbild sein zu lassen, ist das „Risiko“ der Verzerrung dieses Ebenbildes. Das Sein des endlichen Geistes ist Grund der Möglichkeit des Bösen.