Sprache des Glaubens. Zum Text „Von Gott sprechen“: Wie heute von Gott sprechen?
Heute von Gott sprechen?
Mirjam Gödeke und Hadwig Müller:
In den Abstand zu sich selbst gehen, in den Abstand zu einer Theologie, die den Anspruch erhebt, gültig von Gott zu sprechen, in den Abstand zu einer Sprache, die ihre eigene Grenze nicht anerkennt – das sind, wie wir finden, auch für heute Regeln, die hilfreich sind, um so von Gott zu sprechen, dass sich in diesem Sprechen etwas ereignen kann, was so neu ist wie der sprechende Gott selber. „Sicher, wir sind Geschöpfe, wir können nicht über uns verfügen, es gibt einen unendlichen Abstand zu Gott, aber sobald wir diesen Abstand ernst nehmen, sobald wir uns beschenken lassen, wird gerade dort innerlich Fülle wachsen.“ (Klaus Hemmerle, in einer Rede 1983)
Immer wieder haben wir Hemmerles Absicht für uns umformuliert:
Diejenigen, die beruflich oft von Gott zu sprechen haben, sollen zu zögern und zu stottern beginnen.
Diejenigen, die auf ihre eigenen Grenzen gestoßen werden, sollen nicht verzagen und mutig weitergehen – an und mit diesen Grenzen.
Diejenigen, von denen erwartet wird, dass sie von Gott sprechen, weil sie von ihm wissen, sollen ins Stolpern kommen und mit ihrem Nichtwissen konfrontiert werden.
Diejenigen, die sich hinter scheinbar Gewusstem verstecken, sollen mehr auf eigene Erfahrung und Sprache bauen.
Diejenigen, die zu anderen von Gott sprechen, sollen mit anderen – und vielleicht gar nicht zuerst „von Gott“ – sprechen.
Diejenigen, die fertige Traktate mitbringen, sollen dem Uneindeutigen, Unabgeschlossenen Raum geben.
Diejenigen, die meinen, von Gott sprechen zu müssen, sollen sich Zeit nehmen, um auf ihn zu hören. Ich selber soll, wenn ich von Gott spreche, ins Zögern und wahrscheinlich auch ins Schweigen, auf jeden Fall ins Hören kommen.
Diejenigen, die geben wollen, sollen empfangen üben.
Wir sind nicht bei uns geblieben mit unseren jeweiligen Fragen, Widerständen, manchem Unverständnis und wachsender Faszination, sondern sind miteinander und auch mit Klaus Hemmerle – auf die Entfernung und durch den Text hindurch – ins Gespräch gegangen. Und dieses Gespräch heute mit Euch und Ihnen zu teilen, ist unser Beitrag im bunten Geburtstagsgeschenk für Klaus Hemmerle.