Gerettetes Wort – rettendes Wort
Hunger nach Glaubwürdigkeit*
Technische Transparenz, funktionale Eindeutigkeit und Verläßlichkeit allein sind dem Menschen, zumal dem jungen Menschen, zu wenig. Mehr und mehr wird offenbar, wie leicht sich Interessen unter scheinbaren Sachzwängen verstecken können, wie verwirrend scheinbare Transparenzen technischer und gesellschaftlicher Vorgänge sind, so daß beinahe das gefährliche Gegenteil naiven Objektivitätsglaubens einsetzt: umfassendes Mißtrauen gegen die Rationalität. Sicher ist solches Mißtrauen mehr als problematisch, doch was hinter ihm steckt, muß ernstgenommen werden: Sehnsucht nach personaler Deckung und Einlösung des „objektiv“ Veranstalteten, Glaubwürdigkeit, Redlichkeit. Daß in den Aussagen das Herz des Sprechenden eröffnet und das Herz des Hörenden getroffen werde, dieser prophetische Anspruch der Rede wird zum elementaren Postulat an alle, die etwas zu sagen haben. Nochmals: der Austausch von Argumenten gegen Redlichkeit, von Wahrheit gegen Wahrhaftigkeit tut es nicht; wohl aber ist es notwendig, den doppelten Überschuß zu achten, jenen der Argumente über die Intention und jenen des sprechenden Selbst über das gesagte Es. Gerade das erste Merkmal des Prophetischen, die gleichzeitige Rückkoppelung der Aussage an die Instanz des glaubwürdigen Zeugnisses und den Vorrang dessen, was da zu sagen ist, vor dem eigenen Sagen könnte für eine Kriteriologie des Sprechens belangvoll werden.