Unser Lebensraum – der dreifaltige Gott

In Jesus eröffnet sich der Vater

Auch wer der Vater ist, eröffnet sich in dem Jesus, der sich mit allen und allem eins gemacht hat. Ich entdeckte ihn als den, der in jedem Augenblick und von jeder Stelle der Welt her sein „Abba, Vater“ sagt und der zu jeder Zeit und an jedem Ort das mir zugekehrte Antlitz des Vaters ist. Dies war erstmals eine Begegnung mit Jesus, die mir zeigte, wer er wirklich ist: Er ist nicht ein großer Religionsstifter in ferner Vergangenheit, auch nicht eine der vielen Manifestationen einer ewigen Idee, sondern dieser einmalige Jesus von Nazareth, der in Galiläa gepredigt hat und auf Kalvaria gestorben ist und doch als der Auferstandene uns heute ebenso unmittelbar begegnen will wie den ersten Zeugen der Auferstehung.

Was ich drittens vor allem in Fiera erlebt habe, war die Atmosphäre der Mariapoli. Nicht daß man ein bißchen mehr lächelte, etwas freundlicher zueinander war. Nein, man wurde Liebe erfahrend und Liebe schenkend hineingenommen in diese ganz neue Lebensweise. Ich erinnerte mich, wie gesagt, an die Botschaft, die Jesus in die Welt gebracht hat: die Herrschaft Gottes. Mir wurde dort zum Greifen klar: So kann die Welt nicht mehr weitergehen. Entweder wird alles neu durch die Herrschaft Gottes oder die Welt bricht in sich zusammen. Und es wird neu, weil Gottes Geist von innen her alle Beziehungen und mit ihnen alle Wirklichkeit verwandelt. Mehr noch: Mir ging auf, daß der Vater, die Liebe, und Jesus, der Sohn, sich im einen Geist begegnen, den ich als die Atmosphäre der göttlichen Einheit bezeichnen möchte. In diesem Geschehen reißt Gott einen Zwischenraum auf, in den auch ich eintreten darf, um diesen lebendigen Gott zu erfahren. Ich bin der vom Vater geküßte, geliebte Sohn; ich bin der in den Vater hineingegebene Sohn. Und der Vater selber hat seinen unendlichen Schoß ausgebreitet, damit ich in ihm leben kann. So habe ich mitten in meinem Leben schon jetzt meine Heimat im dreifaltigen Gott.

Später war ich dann frappiert, als ich feststellte, daß dieses neue Gottesbild, meine zunächst persönliche Erfahrung auf der Mariapoli und in der Fokolar-Bewegung, präzise dem entsprach, was Chiara Lubich auf nüchterne und greifbar-praktische Weise in vielen Reden und Schriften erschloß.