In Rom
Ein katholischer Diözesanbischof kommt unweigerlich nach Rom und in den Vatikan. So will es die Tradition der Visitatio ad liminum Apostolorum, der Pilgerschaft zu den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus, und so schreibt es das Kirchenrecht vor. Zwecks Berichterstattung „über den Stand der ihm anvertrauten Diözese“ (can. 399 CIC) verpflichtet die kirchliche Gesetzgebung den Bischof alle fünf Jahre zum so genannten Ad-limina-Besuch in Rom.[6] Viele Bischöfe sind weiterhin – sei es für kürzere oder längere Perioden – Mitglieder einer Kongregation oder Mitarbeiter in anderen vatikanischen Gremien und kommen dadurch weitaus häufiger nach Rom. So war es auch bei Hemmerle.[7] Er ist sogar schon vor seiner Zeit als Bischof von Aachen beratend in vatikanischen Gremien tätig gewesen.[8]
Klaus Hemmerle war also nicht selten in Rom, manchmal für Wochen. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass kaum einmal römische Bauten, Plätze oder Kunstwerke und nur selten vatikanische Begebenheiten bzw. Begegnungen in Hemmerles Publikationen und Vorträgen, Predigten oder Briefen auftauchen. Von der Hagia Sophia in Instanbul erzählt er,[9] nicht aber vom Petersdom. Die wiederkehrende Bezugnahme auf Michelangelos Jüngstes Gericht in der Sixtina ist da die Ausnahme, die die Regel bestätigt.[10] Denn wie er dieses Bild bzw. ein Detail dieses Bildes bespricht, könnte es sich überall befinden; der Ort tut nichts zur Sache.