Die Wahrheit Jesu
Ineinander der Ebenen
Theophanie, in der sich Gott nicht nur zeigt, sondern selbst gibt, ist die „reinste“ Theophanie. Bei ihr liegt am meisten alles allein an Gott. Und doch hat nicht minder das gegenläufige Moment ein Gewicht. Diese Theophanie stiftet Beziehung, ist Beziehung, verbindet unterschiedliche Ebenen.
Zugänglich ist die Theophanie Gottes in Jesus für uns nur im Zeugnis, und das Zeugnis hat seinen Ort in der Nachfolge – dieses Wort verstanden im doppelten Sinn des unmittelbaren vorösterlichen Mitziehens mit Jesus aufgrund seines Rufes und der nachösterlichen Sendung, des nachösterlichen Anschlusses an den auferstandenen Herrn in seinem Geist. Solche Nachfolge ist nicht äußere, zusätzliche Verstehensbedingung zur Sache, zur Wahrheit Jesu, sondern konstitutiv für sie selbst. Jesus ruft zur Nachfolge, sein Wort identifiziert sich nur, indem es angenommen wird, indem es sich geben darf und andere sich ihm geben. Erst in der Nachfolge kommen Jesu Werk, Wort und Weg bei sich selber, bei seinem Ziel an. Und in einem nehmen Wort, Werk und Weg Jesu das Fleisch, die Wirklichkeit derer an, die ihm nachfolgen: Welt und Mensch sind durch die Nachfolge in der Wahrheit Jesu integriert, kommen in der Wahrheit Jesu in ihre eigene Wahrheit.
Das aber, worauf sich Nachfolge bezieht, ist eben nicht nur Botschaft, die neutral ausrichtbar wäre, sondern Botschaft, die einen Weg auslegt, die ein Weg ist. In der Botschaft Jesu begegnen wir ihm selbst – und dies meint keine Reduktion Jesu auf das Kerygma, sondern umgekehrt die Identifizierung der Botschaft am Weg Jesu, an dem, was er tut, erfährt, ist.
Und dieser Weg ist nochmals nicht eine zusätzliche „Anwendung“ dessen, was Jesus an sich selber wäre, eine zufällige Nachgeschichte zu seinem Wesen. Sein Weg eröffnet sein Geheimnis, in seinem Weg geschieht sein Geheimnis. Gott, den Jesus kündet, den er handelnd, liebend, lebend und sterbend verherrlicht, der Mensch, dem Jesus [108] dient, den Jesus übernimmt, der Jesus ist, und Jesus, der sich gebender Gott und sich gebender Mensch, von Gott angenommener Gott und von Gott angenommener Mensch ist, gehen nur gleichzeitig auf. Es bestätigt sich: Die Wahrheit Jesu ist integral.
Die vier Ebenen – Nachfolge, Botschaft, Weg, Geheimnis Jesu –, auf denen sich jeweils dieses Ineinander vollzieht, spielen so selbst ineinander.