Glauben – wie geht das?

Inhaltliche Rechenschaft

Meinen Weg gehen heißt, ihn meinen Weg gehen lassen, seinen Weg in meinem mitgehen. Die Schritte, die mir aufgetragen sind, daß ich sie im Glauben tue, sind dieselben, die ich an seinem Weg ablese. Mein glaubendes Tun ist gegründet, getragen und umfangen von dem, was Gott an mir getan hat, was er für mich getan hat und was er, der Gott für mich, ist. In der persönlichen Rechenschaft über den zurückgelegten Weg ist die inhaltliche mit eingeschlossen.

Ziehen wir die Grundlinie noch einmal nach. Fragten wir, im Blick auf den Vollzug, das zum Glauben herausgeforderte Ich, so wenden wir uns jetzt um und schauen auf ihn, auf Gott selbst, der seinen Weg auf uns zu und mit uns geht. Wer ist er uns, als wer ist er uns aufgegangen?

  • Gott, der aus seiner Verborgenheit aufsteigt in die Mitte unserer Welt und unseres Lebens, indem er niedersteigt, sich einläßt in die Mitte unserer Welt und unseres Lebens.

  • Gott, der uns aus der Vielfalt der Wege, auf denen wir ihm entgegengehen und auf denen wir ihm entgehen, hinwegruft auf den einen, konkreten Weg, den er selbst auf uns zugegangen ist: Jesus Christus. Gott, der auf seinem Weg uns offenbart, daß er nur eines für uns und von uns will: die Liebe, die er schenkt und die er ist.

  • Gott, der das Ungöttliche und Widergöttliche nicht in einem Akt seiner größeren Macht verdrängt und vernichtet, sondern der es ausleidet im Leiden seines Sohnes und so als der Gott in allem über alles aufgeht, alles verwandelnd, alles integrierend, in allem uns begegnend.

  • Gott, der im Leiden und Sterben seines Sohnes sich selbst bis zum äußersten gibt, Gott, der uns seinen Sohn und seinen Geist gibt und der uns darin zu erkennen gibt, wer und was er ist: dreifaltiges Sich-Geben.

  • Gott, der Trennung in Verbindung, Spaltung in Einheit, Tod in Leben verwandelt in der Auferweckung des gekreuzigten [221] Herrn. Gott, der menschliches Mitsein mit uns ist: durch Jesus inmitten seiner Kirche, durch Jesus in unserer Mitte.

  • Gott, der die menschliche Geschichte mit uns geht in bleibendem Weggeleit, Gott, der berührbar ist in Jesus: durch das Wort, durch das Sakrament, durch das Amt, durch den Bruder, durch sein Wohnen in mir und mitten unter uns.

  • Gott, der uns hinaussendet in die Welt und uns sammelt zur Einheit seines Lebens in seinem Geist.

  • Gott, der in diesem Geist sein Leben wiederholen will in uns, zwischen uns, durch uns in der Welt.

  • Gott, der geboren werden will von uns, indem wir, leer von uns selbst, ihn empfangen und weiterschenken, das Wort in uns Fleisch werden lassend wie Maria.

  • Gott, der uns und alles vollenden wird in der ewigen Gemeinschaft mit ihm, im ewigen Leben mit ihm, der die Liebe ist.

Wiederum kann es uns vorkommen, als ob wir erdrückt würden von einer Fülle der Aussagen. Und doch ist in dieser Fülle im Grunde nur eines uns gesagt: Gott ist Gott und Gott ist Liebe. Er liebt uns mit einer Liebe, über die hinaus keine größere gedacht werden kann, indem er sich selbst uns gibt, seinen Sohn uns gebend bis zum Äußersten, bis zum Tod, seinen Geist uns gebend bis ins Innerste, damit er in uns lebe. Und er will von uns nichts anderes als diese Liebe, wie er selbst uns geliebt hat. Darin aber wächst in uns und zwischen uns das Mitleben seines dreifaltigen Lebens: Einheit, wie der Vater und der Sohn im einen Geist eins sind. Nicht wir können dies erreichen und vollenden, sondern er in uns. Auf dieses Ziel, auf seine vollkommene Liebe als unsere vollkommene Erfüllung und die Erfüllung aller Geschichte gehen wir zu.

Ein letztes Mal: Glauben, wie geht das? Glaube geht nicht, wir vermögen ihn nicht. Aber Gott geht auf uns zu und geht mit uns – und wenn wir seinem Weg uns öffnen, dann werden wir entdecken: Es ist unser Weg. Sein mit Gott und Sein in Gott, das ist nicht nur Weg christlichen Glaubens; es ist der Weg, wie unsere Sehnsucht, wie unser Leben, wie unser Menschsein geht.