Trinität und Kirche
Kirche als Gestaltwerdung trinitarischen Lebens
Die abschließenden Kapitel vier und fünf sind nicht ein beliebiger Annex an die „Hauptsache“, sondern ihre organische Entfaltung.
Der Blick auf jene, die Communio leben und Missio wahrnehmen, die Frage nach der inneren Vielgestaltigkeit des Subjekts Kirche ist im vierten Kapitel fällig. Auch hier, wie bereits angedeutet, kommen die komplementären Berufungen und Lebenssituationen zum Zuge, die innere Vielgestalt des Menschseins wird hineingenommen in Sein und Dienst der Kirche, sie wird Träger und Adressat kirchlichen Zeugnisses. Einheit, Gleichheit, Verschiedenheit und Komplementarität bleiben der Grundrhythmus im Blick auf die verschiedenen Lebensalter, auf Frau und Mann, auf Leidende und Gesunde, auf unterschiedliche Lebensstände und Lebensberufungen. So spiegelt sich im Verhältnis der vielen Gaben, Aufgaben, Berufungen das trinitarische Urbild der Kirche; die trinitarische Einheit wird nicht nur Verhaltensmaß, sondern strukturierendes Prinzip kirchlichen Lebens.
Das fünfte Kapitel schließlich steht unter dem Stichwort der Formatio, das heißt der Betätigung und Schulung aller, besonders der Laien, zu ihrem Zeugnis und Dienst. Solche Formatio wird aber [84] wiederum nicht als ein äußeres Erlernen von Fähigkeiten und Aneignen von Haltungen gesehen, sondern als die Formatio des Christus selbst, der zu werden der Christ berufen ist. Die ganze Existenz und alle Fähigkeiten des Christen sind dazu bestimmt, im Zusammenhang von Mysterium, Communio und Missio die seinshafte Teilhabe am Leben und der Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zu entfalten und sie zum Prinzip werden zu lassen, das Kirche und Welt durchdringt und hineinnimmt in die Dynamik des Testamentes Jesu, „daß alle eins seien, auf daß die Welt glaube“ (Joh 17,21). Die zunächst bedrängende Vielfalt von CL wird so, in der Zusammenschau, „einfach“: Das Mysterium des dreifaltigen Gottes, des Einen in drei Personen, die in absoluter Einheit und Gleichheit relational unterschieden sind, ist das Mysterium der Liebe, die nichts anderes braucht als sich selbst, aber so gerade sich in Freiheit öffnet und mitteilt. So wird dieses Mysterium des Dreifaltigen in der Inkarnation hineingetragen in die Welt und in der Kirche gegenwärtig, als Botschaft und Lebensform zugleich: Communio. Der Vollzug dieser Communio und ihre Lebensgestalt aber ist die innergeschichtliche Mitteilung, das Einbeziehen aller Menschen, aller Lebensräume und Lebensbereiche in die dreifaltige Communio. Dieses ist Sinn und Weg der Missio.
Die Oikonomia des Heils wird Präsenz der immanenten Trinität in der ökonomischen und erweitert die ökonomische zu einer ekklesialen: Kirche als aus der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes geeintes Volk, das, in Jesus Christus eingegliedert, das Leben des dreifaltigen Gottes hineinträgt in die Welt und die Welt hineinträgt ins Leben des dreifaltigen Gottes.