Berufung und Nachfolge. Zum Text „Leben heißt antworten“: Was bedeutet Berufung heute?

Klaus Hemmerle als „Katalysator des Lebens“und Inspiration für Kirche und Theologie heute (Jakob Ohm)

„Leben heißt antworten“ – schon im Titel des Textes von Klaus Hemmerle, mit dem Wilfried Hagemann und ich uns nachfolgend beschäftigen möchten, schwingt die existenzielle Tiefe mit, die für die Theologie Hemmerles charakteristisch ist. Intellektuelle Glasperlenspiele sucht man bei ihm vergebens, und doch führt sein Denken in spekulative Höhen, die dem heutigen Leser ein Maß an geistiger und geistlicher Flexibilität abverlangen, das keineswegs mehr selbstverständlich ist. Doch Klaus Hemmerle – so durfte ich durch die Begegnung mit einigen seiner Weggefährten lernen – ist eben nicht nur ein Theologe der „Höhen“, dessen Hochbegabung sich in der Wissenschaft vom Heiligen erschöpft. Vielmehr ist er auch ein Glaubender, der in die „Tiefe“ führt und seine Leser und Zuhörer einlädt, ihm auf diesem Weg zu folgen. Ein Weg des Denkens, des Glaubens und des Loslassens, der sich im Letzten seinem Schöpfer verdankt weiß und zielgerichtet ist, da er immer „Jesus in der Mitte“ zum Ziel hat. Diese Tiefendimension ist es auch, die das „Forum Berufung“ dieser Tagung gleichsam aufdrängt: Die Begeisterung, mit der Klaus Hemmerle sich immer um junge Menschen gesorgt hat, sei es als junger Dozent, als Professor oder als Bischof, kann auch heute junge Menschen anstecken und in den Zeiten einer großen Verunsicherung innerhalb der Kirche einer „nachgeborenen“ Theologengeneration – zu der ich mich selbst zähle – als Orientierungspunkt dienen. So kann Klaus Hemmerle auch heute noch mehr sein als ein theologischer Ideengeber oder ein visionärer Bischof. Vielmehr kann er vor allem in den heutigen Suchbewegungen in der Kirche und in den Zeiten einer immer stärker werdenden Polarisierung in der wissenschaftlichen Theologie zu einem „Katalysator des Lebens“ werden, wie Wilfried Hagemann es ausgedrückt hat.