„Dein Reich komme“

Kleine Pilgerschar, die große Zukunft wagt

Dies ist der Rhythmus der Elijageschichte am Berg Karmel: Am Anfang steht die Erfahrung der großen Trockenheit – die Antwort des Propheten ist das Beten in den verschlossenen Himmel hinein – aber auch das Ausschauen nach den Zeichen Gottes und der Zeit – und wie dieses Zeichen heraufzieht und sich einlöst, wie aus der kleinen Wolke der große Regen fällt, da bricht Elija auf, da geht er in der Kraft des Geistes seinen Weg.

Wir wollen auf dem Aachener Katholikentag nicht weggehen von den Fragen unserer Zeit, sondern hingehen zu den Fragen der Zeit. Wir wollen sie hineinnehmen in den Ruf, der in den Himmel dringt. Das heißt zwar zugestehen, daß wir die fertigen und die endgültigen Antworten noch nicht haben, daß das Wichtigere, Größere, Entscheidende noch aussteht. Wer um Gottes kommendes Reich bittet, der bittet um eine Zukunft, die sich nie in der irdischen Gegenwart ganz einlöst. Gerade das aber gibt Gelassenheit und Mut. Der Beter weiß, daß die Gestalt dieser Welt vergeht, er weiß, daß die ganze Gerechtigkeit, die absolute Sicherheit, das risikolose Glück nie auf Erden erreicht sind. Aber er weiß auch: Glaubwürdig kann er um Gottes Zukunft nur beten, wenn er die Gegenwart so gestaltet, daß sie Zeichen für diese Zukunft wird. Beten führt also nicht ins Getto der Tatenlosigkeit, sondern zum verantwortungsvollen, sich bescheidenden, aber entschiedenen Handeln.

Bernhard Vogel hat den letzten Deutschen Katholikentag, der im Bistum Aachen stattfand, 1974 in Mönchengladbach, mit der Frage beschlossen: „Ziehen wir uns zurück oder brechen wir auf?“. Aufbrechen wie Elija in der Kraft des Geistes, aufbrechen aus dem Glauben, daß die Wolken das lebenspendende Wasser des Geistes schenken können, darauf kommt es an. Wir wollen Einkehr halten, wir sind Pilger, welche die Zeichen des Heiles suchen. Aber diese Zeichen des Helles sind Verantwortung, sind Sendung. Die Pilgerfahrt ist in Aachen nicht zu Ende, sie wird, sie muß von Aachen wieder aufbrechen. So wird der Ruf nicht verhallen, sondern weiterklingen, Rhythmus werden für unseren Weg in die Zukunft: Dein Reich komme!

Kleine Wolke, die den großen Regen bringt.
Kleiner Ruf, der in den großen Himmel dringt.
Kleine Botschaft, die das große Reich ansagt.
Kleine Pilgerschar, die große Zukunft wagt.